von Siegfried H. Seidl
Der in Berlin erscheinende ›Tagesspiegel‹, Teil der Holtzbrinck-Verlagsgruppe, gehört in Deutschland sicher zu den sogenannten Qualitätsmedien, also zu den hochseriösen, demokratischen Blättern, die auch in Papierform immer noch ihren Weg auf den ausgewogen gedeckten Frühstückstisch des Bildungsbürgers finden. So weit so gut. Es gehört somit gewissermaßen zur täglichen Kür, unter der Überschrift ›Politik‹ Analysen und Einschätzungen zur politischen Lage in unserem Land zu servieren.
Nehmen wir also die Ausgabe von Mittwoch, 2. Juni 2021, und konsumieren wir den vielversprechenden Vierspalter Im Dilemma. Thema: ›Die CDU hat im Osten strategische Probleme – das zeigt auch die Debatte um den Regierungsbeauftragten‹. Hintergrund dieses Artikels ist die anstehende Wahl in Sachsen-Anhalt, bei der sich nach den neuesten Umfragen die CDU und die AfD ein Kopf an Kopf Rennen liefern werden (beide im Bereich zwischen 20 und 30 Prozent). Nur in Sachsen ist die AfD mit aktuell 29 Prozent noch attraktiver für die Wählerschaft.
von Gunter Weißgerber
Zur Bundestagswahl – Teil 3
Heute schreibe ich über die älteste demokratische Partei Deutschlands, über die SPD. Gegründet 1863 von Ferdinand Lassalle, stand sie in ihren erfolgreichsten Zeiten für den sozialen Teilhabe- und Aufstiegsanspruch der Arbeiter, Handwerker, Techniker, Ingenieure zuerst im Kaiserreich, später in der ›Weimarer Republik‹, in der alten Bundesrepublik bis 1990 und seitdem in der vereinigten Bundesrepublik.
Die erfolgreiche Geschichte der Bundesrepublik ist ohne die SPD und ihre Kanzler Willy Brandt, Helmut Schmidt und Gerhard Schröder nicht denkbar. Was Gerhard Schröder seit seiner Abwahl 2005 macht, gefällt mir keineswegs, schmälert seine erfolgreiche Politik als Bundeskanzler aber nicht. Deutschland galt vor zwanzig Jahren als kranker Mann Europas, Schröders Agenda 2010 mit ihrem sozialdemokratischen Prinzip des ›Förderns und Forderns‹ machte die Bundesrepublik zur Wirtschaftslokomotive der Europäischen Union. Und jetzt ist es ausgerechnet die nach-Schröder-SPD, die Deutschland erneut zum kranken Mann degenerieren lässt.
von Immo Sennewald
Als die Wirtschaft des ›real existierenden Sozialismus‹ in den 70er Jahren für jeden erkennbar asthmatisch wurde, entschieden die Herren im Politbüro, den Klassenkampf ganz und gar auf die ideologische Ebene zu verschieben. Das ›Überholen ohne einzuholen‹ von Walter Ulbricht war ökonomisch und wissenschaftlich-technisch zur Lachnummer geworden, aber die Deutungshoheit über den ›Antifaschismus‹ und den dafür notwendigen Schutzwall war zu verteidigen, und alle Fragen, auf die der Kapitalismus keine Antwort hatte, ließen sich trefflich instrumentalisieren: ›Ausbeutung des Menschen durch den Menschen‹, ›Entfremdung‹, ›Warenfetischismus‹, ›Kolonialismus«...
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G