
von Ulrich Schödlbauer
»Großmütterchen, warum hast du Väterchen das Herz weggefressen?«
»Warum fragst du mich das?«
»Weil es mein Väterchen ist.«
»Hör zu, Kind. Ich habe genossen…«
»Was heißt ›genossen‹?«
»… was mein ist. Dein Väterchen war Fleisch von meinem Fleische und Blut von meinem Blut.«
»Und ich seins. Aber gefressen hat er mich nicht.«
»Weil er ein Schlappschwanz war.«
von Peter Brandt
Die Geschichtswissenschaft ist sich heute einig, dass die Übertragung der Regierungsgewalt an Adolf Hitler am 30. Januar 1933 und die folgende sogenannte ›Machtergreifung‹ der NSDAP weder unausweichlich war noch ein unglücklicher Zufall. Weder sind schon im wilhelminischen Reich oder gar früher die Weichen in Richtung des Hitlerschen »Radikalfaschismus« (E. Nolte) gestellt worden, noch war die Weimarer Republik ein totgeborenes Kind.
von Rainer Paris
Jeder radikale Protest lebt von einer fundamentalen Kritik. Diese zeichnet die Verhältnisse als sündhaft und verderbt und verspricht eine strahlende Zukunft. Um die Kluft zum Handeln zu überbrücken, muss sie sich zugleich zentrieren und verengen: Sie muss Gegner und Feinde identifizieren, die sie an den Pranger stellen kann, und sie muss Gründe und Begründungen beibringen, die die herrschenden Legitimationsmuster destruieren. Ohne eine gewisse Bornierung, ein aktuelles Stillstellen des Zweifels, gibt es kein Heraustreten aus dem Alltag, keine Initiative der Veränderung. Entschlossenes Engagement und Entschiedenheit haben, parallel zu den Effekten affektiver Vergemeinschaftung, immer auch kognitive Kosten.
von Immo Sennewald
Wir Lebenden – so lese und höre ich immer wieder einmal – haben die Erde nur von zukünftigen Generationen geliehen. Einen ›Planeten B‹ – auf den die Menschheit auswandern könne, wenn sie die Ressourcen unseres ›Planeten A‹ erschöpft habe – gebe es nicht. Wir seien also verpflichtet, durch nachhaltiges Wirtschaften, durch achtsamen Umgang mit der Natur und ihren Ressourcen unseren Nachfahren eine wohl bestellte Erde zu übergeben. Mindestens so wohl bestellt, wie diese ›Leihgeber‹ dieselbe vorzufinden wünschen, wenn nicht besser.
von Helmut Roewer
Man kann sicher sagen, dass es nicht gerade auf der Hand liegt, an einem nasskalten Samstag mit dem Auto die 400 Kilometer von Schilda nach Schwedt an der Oder zu fahren. Doch es gab zwei Gründe: Zum einen wollte ich diese Stadt einmal aus der Nähe sehen, die letztes Jahr zum ersten Mal in mein Bewusstsein vordrang, als ich mir über die Konsequenzen des Russland-Boykotts mainstream-freie Gedanken machte. Zum andern: Bei Einlesen in die Stadt-Annalen fiel mir im Veranstaltungskalender ein Ulrich Tukur-Konzert ins Auge. Das gab dann den Ausschlag. Für alle Miesepeter, die es gottlob unter meinen zwei bis drei Lesern nicht gibt, sei der Hinweis erlaubt, dass ich die Kombination von Wissensgewinn und Kunstgenuss für zulässig erachte: Das schwer Verdauliche rutscht so unter Umständen besser.
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Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2023 Monika Estermann: Lascaux