von Gunter Weißgerber
Für den 28. November 2018 lud der Vorstand der ›Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft (DPG)‹ zur Mitgliederversammlung nach Berlin ein. An historisch bedeutsamen Ort, dem früheren ›Reichstagspräsidentenpalais‹ und jetzigen Gebäude der ›Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft‹, sollten der Rechenschaftsbericht sowie Satzungsänderungen beraten werden. An und für sich übliche, gleichwohl notwendige Themen in der Mühe der Ebene von Vereinstätigkeiten.
Nun ist die ›Deutsche Parlamentarische Gesellschaft‹ nicht irgendein Verein von Briefmarkensammlern, Pferdezüchtern, Kaninchenliebhabern, Musikfreaks. Die ›DPG‹ ist Teil der deutschen Parlamentsgeschichte von der ›Paulskirche‹ über den ›Reichstag‹ bis zum Deutschen Bundestag. Es ist für Demokraten eine Ehre und eine Verpflichtung, Mitglied dieses demokratischen Clubs zu sein.
Mitglied kann dort werden, wer im Deutschen Bundestag, im Europäischen Parlament (für Deutschland) oder in deutschen Landtagen Abgeordneter ist oder war und sich zu den Werten des Grundgesetzes bekennt. Man weiß um die Parteizugehörigkeiten und pflegt über diese Grenzen hinweg kollegialen Umgang. Auch das ist Demokratie. Ich bin gern Mitglied dieses politischen Clubs.
Im Vorschlag des Vorstandes der ›DPG‹ stand am 28.11.2018 in Punkt 4 eine Satzungsänderung in §1 Nr.4 auf der Tagesordnung:
»Jede Benachteiligung oder Bevorzugung von Personen auf Grund von Geschlecht, Rasse, Ethnie oder Religion lehnt sie (die DPG) ab«.
Manfred Kolbe (CDU, MdB 1990-2013 mit Unterbrechung 2000-2002 Justizminister in Sachsen) sprach Antje Hermenau (B90/Die Grünen, MdL 1990-1994 und 2004-2014, MdB 1994-2004) und mich auf diese Satzungsänderung an. Ihm war die Änderung zu einseitig. Es fehlte der Verweis auf den Terminus ›Klasse‹ im Sinne von sozialer Herkunft/Stellung.
Was uns sofort einleuchtete. Neunundzwanzig Jahre nach dem erfolgreichen ›Volksaufstand‹ der Ostdeutschen gegen eine linke Diktatur, die sich ausdrücklich auf den immerwährenden (opferreichen) Klassenkampf‹ berief, kann es nicht sein, dass die aller Ehren werte ›Deutsche Parlamentarische Gesellschaft‹ ihren Blick einseitig nach Rechtsaußen richtet und die Gefahren von Linksaußen nicht ebenfalls in ihren Blick nimmt. Die ›DPG‹ ist Teil des Zentrums dieser Republik und damit Teil des politischen Lots, welches das Gemeinwesen austarieren soll. Mit Linksaußen gegen Rechtsaußen? Das sollte doch eigentlich eine aus Absurdistan kommende Vorstellung sein.
Aber: Gerade weil im politischen Raum jüngst über das Zusammenwirken »mit der ANTIFA gegen rechts« fabuliert wurde (aus dem engen Beraterkreis der SPD-Vorsitzenden), war es uns wichtig, auf diese gefährliche Schrägstellung hinzuweisen. Was die ANTIFA unter demokratischen Bedingungen ist, dass ist sie als MfS unter den Bedingungen des ›Besitzes‹ einer eigens-zugeschnittenen ›linken‹ Diktatur. Die ANTIFA sammelt missliebige Personen, drangsaliert diese, zersetzt diese, greift diese an, macht ›Hausbesuche‹. Nur das mit dem Inhaftnehmen, das klappt noch nicht so. Dafür fehlen (noch) die eigenen Räumlichkeiten.
Was nicht ist, kann ja noch werden. ›Hohenschönhausen‹ wird ja gerade geschliffen und kann jederzeit wieder in tschekistischen Betrieb genommen werden. Nur Mut und Geduld! Mit den Spezialdemokraten der Linken, Grünen und der SPD wird das schon noch klappen, das mit der ANTIFA.
Unser Änderungs-Antrag wurde vom Plenum abgelehnt. Sowas kommt in den besten Familien vor. Die politische Bewertung nimmt Manfred Kolbe unten vor. Mir geht es um einen für mich völlig neuen Umgang mit der Geschäftsordnung in der Sitzung am 28.11.2018. Es war immerhin eine Versammlung sehr erfahrener Abgeordneter, die jede/r für sich in einem langen politischen Leben einen großen Erfahrungsschatz in der ordnungsgemäßen Führung von Versammlungen anhäuften. Absolut selbstverständlich ist bspw. der Umgang mit fristgerecht eingegangenen Änderungsanträgen zu Tagesordnungspunkten.
Was uns in besagter Sitzung widerfuhr, das war unparlamentarisch, richtigerweise vor-parlamentarisch! Die Präsidentin stellte den Antrag, die vom Vorstand vorgeschlagene Formulierung ohne Debatte abzustimmen. Unser fristgemäß eingegangener Antrag sollte überhaupt nicht stattfinden, geschweige denn unsere Begründung gehört werden!
Niemals hätte ich in der ›Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft‹ mit solch einem zynischen und unkollegialen Umgang gerechnet. Nehme ich diese Erfahrung zum Maßstab, verstehe ich die Gründe für das akute Missverhältnis zwischen Bundespolitik und Wahlbevölkerung noch besser. Da ist was ins Rutschen gekommen. Ich würde von Sittenverfall sprechen. Vorbilder sollten es besser vorleben.
Manfred Kolbe zur DPG-Satzungsänderung:
Mehrheit zeigt Opfern kommunistischer Gewalt die kalte Schulter
Um einen eigentlich unstrittigen Änderungsantrag des Vorstandes zu §1 Ziff.4 der Satzung entwickelte sich auf einer lebhaften und zeitweise turbulenten Mitgliederversammlung der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft (DPG) am 28.11.2018 eine strittige Diskussion. Eine überforderte Versammlungsleitung leistete zusätzlich noch ihren Beitrag zur Verwirrung. Besonders ärgerlich waren ihre Versuche, die Diskussion abzuwürgen und über Änderungsanträge nicht abstimmen zu lassen.
Der folgende Passus sollte auf Antrag des Vorstandes der DPG in die Satzung eingefügt werden: »Jede Benachteiligung oder Bevorzugung von Personen auf Grund von Geschlecht, Rasse, Ethnie oder Religion lehnt sie (die DPG) ab«. Begründet wurde dies mit dem erforderlichen Bekenntnis zu einem Kern von politischen Grundwerten, die vor dem Hintergrund der Geschichte des 20. Jahrhunderts nicht verhandelbar seien.
Sicherlich richtig – aber zu einseitig, monierte ein Änderungsantrag der ehemaligen Bundestagsabgeordneten Manfred Kolbe (CDU/CSU), Gunter Weißgerber (SPD) und Antje Hermenau (Bündnis 90/ Die Grünen). Die Geschichte des 20. Jahrhunderts habe nicht nur Diktaturen erlebt, die aus rassistischer Ideologie Millionen Menschen umgebracht haben, sondern auch Diktaturen, die aus klassenkämpferischer Ideologie Millionen Menschen umgebracht haben (z.B. Sowjetunion, Ukraine, China, Osteuropa, Kambodscha). Deshalb sollte durch Einfügen der zwei Worte ›oder Klasse‹ in den obigen Katalog klargestellt werden, dass auch die kommunistischen Verfolgungen im 20. Jahrhundert mit über 50 Millionen Toten abgelehnt werden. Der klassenkämpferische Ansatz des Marxismus-Leninismus war die Triebfeder für diese ebenfalls schrecklichen Verbrechen und dies sollte durch die ausdrückliche Aufnahme des kommunistischen Kampfbegriffes ›Klasse‹ in den Katalog der verbotenen Diskriminierungen herausgestellt werden.
In der anschließenden Diskussion sprach sich dann ein Teil der Mitglieder generell gegen die Satzungsänderung aus, da sie bereits im Grundgesetz stehe, andere brachten andere Ergänzungsvorschläge. Der Vorstand schlug dann vor, die Worte ›oder Klasse‹ durch ›oder Herkunft‹ zu ersetzen, was aber wiederum teilweise als zu beliebig abgelehnt wurde.
In der Abstimmung setzte sich dann der Vorstand mit Mehrheit durch und der Änderungsantrag Kolbe/Weißgerber/Hermenau wurde abgelehnt. Unverständnis auf Seiten der Antragsteller: »Wir verstehen nicht, wie man den mehr als 50 Millionen Opfern des kommunistischen Klassenkampfes im 20. Jahrhundert so die kalte Schulter zeigen kann!«
Manfred Kolbe
Gunter Weißgerber
Antje Hermenau