von Ulrich Schödlbauer
Dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau wird nachgesagt, der erste ›woke‹ Regierungschef eines Landes der westlichen Hemisphäre zu sein (man darf davon ausgehen, dass die Bezeichnung in Staaten außerhalb des Westens keinen nachvollziehbaren Sinn ergibt). Der überschlagende Eifer, mit dem der Engel der sexuellen und sonstigen Minderheiten die protestierenden Berufskraftfahrer seines Landes bekämpft, Leute, die nichts weiter wollen als wegen einer Pandemie von der Gefährlichkeit einer Grippe nach zwei Jahren nicht länger auf ihr normales Leben zu verzichten, gibt zu denken. Just Fernfahrer wissen, dass Überwachheit kein vertrauenerweckender Zustand ist, wenn jemand am Steuer eines schweren Fahrzeugs sitzt. Jedenfalls ist sie das genaue Gegenteil jener Aufgewecktheit, die nun einmal am besten durch die Fährnisse des politischen und gesellschaftlichen Lebens geleitet. Wer Konflikte, die in jeder Gesellschaft brodeln, aber gewöhnlich unter der Decke von Gleichheitsgesetzen sowie des allgemeinen Wohlverhaltens dem privaten Leben seine Aufgeregtheiten und damit Sinn verleihen, auf der Ebene forcierter Gemeinschaft lösen möchte, der schärft sie an und verleiht ihnen am Ende eine Dimension, in der sie nicht mehr lösbar erscheinen.
von Heinz Theisen
Geopolitik zwischen Imperialismus, Universalismus und Nationalismus
Mit den westlichen Lockangeboten an die Ukraine und Georgien sah sich Russland in seiner Machthemisphäre herausgefordert, die Ukraine wurde gespalten, die Krim von Russland annektiert und die Sicherheitspartnerschaft zwischen Nato und Russland ruiniert. Der Krieg im Donbass hat über 13 000 Menschenleben gekostet. Die Zahl der Binnenvertriebenen wird auf 2,5 Millionen geschätzt.
Mit dem Aufmarsch russischer Truppen an den Grenzen der Ukraine will Putin entweder die Ukraine zurück in ein russisches Imperium holen oder zumindest Sicherheitsgarantien für die Neutralität der Ukraine und anderer Anrainerstaaten einholen. Die Ukraine rechnet er zur Einflusssphäre Russlands. Ähnliches gilt für Weißrussland, den Südkaukasus, die Moldau und einige kleinere orthodox geprägte Staaten des Balkans.
von Heinz Theisen
Mit der Niederlage in Afghanistan sind der kulturelle Universalismus und der politische Globalismus des Westens ans Ende gekommen. Statt utopischer Visionen würde eine neue Strategie der Abgrenzung und Koexistenz gebraucht, mit der es dem Westen vor allem um seinen eigenen Schutz gehen müsste.
Der auch mit dem Universalismus westlicher Werte begründete Interventionismus ist in Afghanistan an seinen Illusionen über dem Islam gescheitert. Nach zwanzig Jahren vergeblichen Einsatzes steht der Westen aufgrund seiner Substanzverluste und seiner schmählichen Kapitulation sicherheitspolitisch schlechter da als im Jahr 2001. Der entfesselte Islam hat einen historischen Sieg über den Westen errungen. Er wird uns in Zukunft noch mehr gefährden als bisher.
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