von Heinz Theisen
Durch äußere und innere Entgrenzung ist der Nahe Osten den Europäern immer näher gerückt. Während die Inkompatibilitäten beider Kulturkreise bis in dieses Jahrhundert hinein vor allem im Orient erlitten wurden, prägen sie heute auch schwere Konflikte in Europa, in dem sich in manchen Stadtteilen bereits Erosionen der Staatsordnungen andeuten. Eine wesentliche Ursache für diese Verstrickungen ist das gegenseitige Unverständnis beider Kulturen. Aus dem verhängnisvollen Zusammenprall wäre die Folgerung einer neuen Strategie zu ziehen: Selbstbegrenzung nach außen, Selbstbehauptung nach innen.
Kulturalismus im Nahen Osten
Der Nahe Osten befindet sich inmitten heftiger Kulturkämpfe, nicht nur zwischen Muslimen, Juden und Christen, sondern auch im konfessionellen Rahmen zwischen Sunniten und Schiiten oder auch in ethnischen Kategorien etwa zwischen Türken und Kurden. In jedem Fall geht es in diesem Kulturalismus um kollektive Identitäten, die sich im Nahen Osten vor allem aus religiösen oder ethnischen Herkünften speisen und sich zu ihrer Behauptung oder Ausdehnung mit politischer Macht verbinden.
Der Westen versteht diesen Kulturalismus nicht, weil er diese Kategorien zugunsten der Narrative von Globalisierung und Universalisierung abgelegt hat, in denen ökonomische Interessen oder die Ausweitung seiner Werte und Strukturen entscheidend sind. Er nimmt sich selbst kaum mehr als Kulturkreis wahr. Aus dem Zusammentreffen des nahöstlichen Kulturalismus und des politischen Universalismus des Westens nach außen und seines Kulturrelativismus nach innen sind endlose Missverständnisse erwachsen. (Ich folge hier meinem Buch, Heinz Theisen, Der Westen und sein Naher Osten. Vom Kampf der Kulturen zum Kampf um die Zivilisation, Reinbek 2015)
Gewiss haben Menschen mehrere Identitäten. Sobald sich jedoch eine dieser Identitäten – im Nahen Osten ist es meistens die Religion – mit einer Staatsmacht oder einer Bewegung verbindet, werden aus den weichen Variablen der Kulturen – wie Herkunftsidentität oder religiöse Werteordnung – reale Kampfinstrumente. Die Mitverantwortung der Religion für ihren Missbrauch liegt darin, dass sie sich missbrauchen lässt.
Die saudische Macht legitimiert sich schon mangels freier Wahlen durch den wahhabitischen Islam und die Ajatollahs im Iran durch die schiitische Konfession. Auch der Großgrundbesitz der Ajatollahs lässt sich am besten religiös legitimieren.
Orthodoxe Juden verbinden ihren Glauben mit der Macht des Staates Israel. Sie erwarten die Wiederkehr ihres Messias nur durch die jüdische Herrschaft über das gelobte Land, einschließlich Judäa und Samaria, wie sie die palästinensische Westbank nennen. Sie sind für die Regierungen in Jerusalem als Mehrheitsbeschaffer unverzichtbar.
Die muslimische Herrschaft über Jerusalem dauerte zwölf Jahrhunderte und länger als jede andere, sei es die israelitische, römische, persische oder christliche. Für Muslime gilt Jerusalem als das geweihte Haus, eine Heilige Stadt, die in den Anfängen des Islams die Richtung des Gebets bestimmte. Mohammed soll am Ort des Felsendoms für eine Nacht in den Himmel aufgefahren sein. Muslime aller Länder sehen es als religiöse Pflicht, die Herrschaft der Ungläubigen auf angestammten Gebieten des Islam zu beseitigen.
Auch fundamentalistische Evangelikale aus den USA, zu denen auch Vizepräsident Mike Pence zählt, sind ein Teil des nahöstlichen Kulturkampfes geworden. Sie glauben, dass die Herrschaft der Juden Vorbedingung für die Wiederkehr von Jesus Christus ist, der ein 1000-jähriges Reich des Friedens errichtet und dann auch von den Juden als ihr Messias erkannt wird.
Diese Verstrickung von Religion, Politik und Wirtschaft macht die Konflikte im Nahen Osten unlösbar. Wenn sich religiöse Absolutheitsansprüche mit dem Anspruch auf ein heiliges Stück Land oder religiöse Herrschaft verbinden, sind territoriale Kompromisse oder Gewaltenteilung in weiter Ferne. Absolute Wahrheit und relative Kompromisse passen nicht zueinander.
Die düstere Prognose lautet daher, dass die Kämpfe im Nahen Osten schlimmstenfalls so lange anhalten werden wie etwa der Dreißigjährige Krieg in Europa, in dem Religion, Politik und Wirtschaft auf vergleichbare Weise verstrickt waren. Er endete erst mit der totalen Erschöpfung der Kontrahenten. Erschöpfung wird durch Interventionen von außen hinausgeschoben.
Erst danach dürfen wir auf den Paradigmenwandel vom Kulturalismus zur Zivilisierung hoffen, der – wie nach dem Dreißigjährigen Krieg – mit der konsequenten Trennung von Religion und Politik seinen Ausgang nehmen müsste.
Westliche Überdehnung nach außen und Entgrenzung nach innen
Bis es soweit ist, wird der Westen den globalen Kulturkampf bestehen müssen, der längst vom Nahen Osten vor allem nach Europa, aber auch nach Afrika und Asien herübergeschwappt ist: dem zwischen einem Scharia-Islam, in dem Religion und Politik eine Einheit bilden und einer säkularen Ordnung, in der Vielfalt und Ausdifferenzierung als erwünscht gelten, ob in der liberalen oder verringerten autoritären Fassung.
Der »Kampf der Kulturen«, den Samuel Huntington noch pauschal zwischen Islam und Westen verortet hatte, verläuft durch die Kulturen hindurch. Im Grunde wiederholt sich in ihm das Ringen des 20. Jahrhunderts zwischen der totalitären Sehnsucht und den begrenzten Erwartungen der menschlichen Weltbemächtigung. In diesem Kampf kommen wir an der Eindämmung des Islamismus auch im Nahen Osten schon moralisch nicht vorbei, weil der Westen ihm dort den Weg frei gemacht hat.
Der Kulturkampf verläuft im Nahen Osten allerdings nicht zwischen Demokratie und autoritärer Diktatur, sondern zwischen autoritärer Säkularität und religiösem Totalitarismus. Von demokratisch gewählten Muslimbrüdern geht eine größere Gefahr für die Freiheit des Einzelnen aus als von säkularen Diktaturen, die jenseits der Machtfrage Individuen und Funktionssystemen Freiräume lassen. Sie gewähren wenigstens Wirtschafts- und Bewegungsfreiheiten und kümmern sich nicht um das Privatleben der Menschen. Aber die autoritär-säkularen Mächte hat der Westen bekämpft.
Die Erosion der Staatenwelt vom Irak bis Libyen ermöglichte erst die kulturalistischen Kämpfe der Konfessionen und Ethnien. Weder in Afghanistan, im Irak noch in Libyen erwies sich der Westen aber als stark genug, eine neue Ordnung aufzubauen, es reichte nur zur Zerstörung alter Ordnungen. Angesichts des grenzüberschreitenden Terrors, des Drogen- und Menschenhandels ist Freiheit durch den Verfall staatlicher Macht stärker gefährdet als durch Autoritarismus.
Fünfzehn Jahre nach dem Sturz Saddam Husseins schneidet der Irak bei Menschenrechten, Minderheitenrechte, Korruption und Redefreiheit nicht besser ab als unter ihm. Wenn der Westen dann wie in Libyen auf Nation Building verzichtet, endet alles in Anarchie, die Flüchtlingsströme aus Afrika nach Europa unter entsetzlichen Bedingungen möglich gemacht haben.
Die Demokratie ist das Dach, welches erst auf errichtete Stockwerke aufgesetzt werden kann. Ohne diese Stockwerke wie Säkularität, Rechtsstaatlichkeit, korrekte Verwaltung, ausreichende Bildung enden der demokratische Wettbewerb im Bürgerkrieg und das Mehrheitsprinzip in der Unterdrückung von Minderheiten. Zu welchen Absurditäten das demokratische Nation Building führt, lehrt das gewählte Parlament Afghanistans, welches im Namen der Scharia Konvertiten zum Christentum mit dem Tode bestraft.
Ohne ein Bewusstsein nationaler Zusammengehörigkeit – und schon der Nationalstaat war nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiche ein westliches Implantat, wählen die Menschen entlang ihrer Stämme oder Konfessionen, also entlang kultureller Herkünfte und verteilen Entwicklungshilfe entlang dieser Linien.
Der Entgrenzung des Westens nach außen folgte die Entgrenzung nach innen. Auch die Fluchtwelle von 2015 hatte von der Türkei ihren Ausgang genommen und ließ sich nur durch Schutzgeldzahlungen verringern.
Europa braucht keine abschottenden, aber differenzierende und kontrollfähige Grenzen. Wo dies nicht gelingt, sei es an europäischen oder nationalen Grenzen, spaltet die unkontrollierte Zuwanderung unsere Gesellschaften und sogar die Europäische Union nach falschen Alternativen wie Willkommenskultur oder Abschottung.
Es fehlt an einer schon rechtsstaatlich unabdingbaren Differenzierung nach individuellem Asylanspruch, Wohlstandsmigration und Kriegsflucht. Nicht einmal die Differenzierung zwischen Flüchtenden vor Islamisten und infiltrierten Islamisten gelingt angesichts ›offener Grenzen‹, die längst keine Grenzen mehr sind.
Bundespräsident Steinmeier hat vor wenigen Tagen – übrigens im Interview mit einer jordanischen Zeitung – diese Unterscheidung eingefordert, mindestens drei Jahre zu spät. Bemerkenswert aber, weil er Jahre zuvor diejenigen, die dies forderten, als Hetzer tituliert hatte.
Und es wird weitere drei Jahre dauern, bis diese Mahnung die Regierungs- und Parlamentsebene erreicht. Das Funktionssystem Politik erweist sich jedenfalls im Hinblick auf unser Thema von beängstigend langsamer Lernfähigkeit.
Die vorherrschende Gesinnungsethik erlaubte nicht einmal eine Unterscheidung zwischen Individualethik, die unmittelbare Hilfe für Notleidende in meiner Reichweite gebietet und einer Sozialethik, die aufgrund großer Zahlen politisch strukturiert und differenziert erfolgen muss. Wichtiger ist, dass man sich mit seiner Meinung wohlfühlt und sich der richtigen Gruppe der Guten zuordnen kann. Eine umgekehrte Identitätspolitik der Linken gegenüber völkischen Anwandlungen auf der extremen Rechten, in gewisser Weise westliche Entsprechungen des Stammesdenkens.
Universalität und Naivität des Westens
Peter Frankopan hält es für das Verblüffendste an den Ereignissen der vergangenen Jahrzehnte, dass dem Westen der Blick für die Weltgeschichte fehlte – für die breiten Themen und das große Muster, die im Nahen Osten zum Tragen kommen. In den Köpfen der politischen Strategen scheinen die Probleme Afghanistans, des Iran und des Irak voneinander getrennt und nur lose miteinander verbunden. (Peter Frankopan, Licht aus dem Osten. Eine neue Geschichte der Welt, Berlin 2016, S. 723.)
Westliche Interventionen hatten nicht nur fatale Auswirkungen auf die jeweiligen Länder, sondern auf die gesamte Region und auf die Weltordnung überhaupt. Dass heute Nordkorea mit dem Atomsäbel rasselt und der Iran sein Einflussgebiet aggressiv zu arrondieren versucht, resultiert nicht zuletzt aus der Angst vor westlichen Interventionen.
Zwar gewinnt der Westen jede Schlacht, aber am Ende verliert er alle asymmetrischen Kriege. Trotz der astronomischen Militärausgaben der USA, höher als aller anderen Großmächte zusammen, haben diese seit der Episode des Ersten Golfkrieges 1991 keinen Konflikt mehr gewonnen. Der israelische Militärhistoriker Martin van Crefeldt resümiert: die Gegner des Westens haben gewonnen, weil sie besser mobilisierten, organisierten, planten und motivierten. (Martin van Crefeld, Why the Rest Keeps Beating the West and What Can Be Done about It, London 2016) Kulturelle Identitäten erweisen sich sowohl der westlichen Technik als auch westlichen Ideologien als überlegen.
Es war nicht im Interesse der amerikanischen Wähler, für die Einsätze in Afghanistan und Irak sechs Billionen Dollar auszugegeben, geschätzt fünfundsiebzigtausend Dollar für jeden amerikanischen Haushalt. (Frankopan, a.a.O., S. 718)
Die Wahl von Donald Trump war eine Antwort auf den Universalismus der alten Eliten, die als Global Player profitieren, aber die kleinen Leute die Konsequenzen tragen lassen. Statt sich nur über das Symptom Donald Trump lustig zu machen, sollten wir über seine Ursachen nachdenken. Es ist zu billig, mit den Clownerien Trumps vom eigenen Versagen abzulenken. Clinton und Trump waren die Widerspiegelung des neuen Gegensatz zwischen global und lokal, der die links/rechts Schiene schon lange abgelöst hat.
Doch statt aus Misserfolgen zu lernen, wenden die Eliten das alte Ideologenrezept an, auf das Scheitern ihrer Rezepte mit deren Verstärkung zu antworten. Deutschland, so klingt es heute aus Berlin, möge sein ›Internationales Engagement‹ erhöhen, womit meistens auch die Bundeswehr, derzeit bereits in 14 Auslandseinsätzen unterwegs, gemeint ist.
Um die Wehrhaftigkeit nach innen ist es umso schlechter bestellt. Dem politischen Universalismus nach außen steht ein kultureller Relativismus nach innen gegenüber, der selbst kulturelle Inkompatibilitäten als ›bunten Regenbogen‹ (Josef Freise, Kulturelle und religiöse Vielfalt nach Zuwanderung. Schwalbach 2017 ) bejaht und diejenigen als Feinde der offenen Gesellschaft geißelt, die Islam und Islamismus kritisieren.
Selbst Reformmuslime wie Bassam Tibi, Hamed Abdel Samad oder Seyran Ates müssen sich von deutschen Intellektuellen diskreditieren und von Islamisten ihr Leben bedrohen lassen. In der Reformmoschee von Frau Ates traf ich beim Freitagsgebet zwar nur sechs Betende an, dafür aber mehr als doppelt so viele Sicherheitskräfte. So viel zum Thema Toleranz. ( Vgl. Bassam Tibi, Islamische Zuwanderung und ihre Folgen. Wer sind die neuen Deutschen? Stuttgart 2017. Wie man einen zivilisierten Diskurs zwischen Islamkritik und seiner Apologie führen könnte, zeigen Hamed Abdel-Samad, Mouhannad, Khorchide, Ist der Islam noch zu retten? Eine Streitschrift in 95 Thesen, München 2017)
Bei der jetzt häufig geschwungenen Rassismuskeule gegen Islamkritiker handelt es sich um einen Kategorienfehler. Bei Rasse geht es um unveränderliche äußere Merkmale wie Blut, Gene und Hautfarbe, bei Kultur um ideelle Prägungen, die zwar nur in langen Zeiträumen, aber im Prinzip veränderlich sind und um dieser Veränderungen wegen auch kritisiert werden müssen. Es handelt sich sogar um einen Kategorientrick, der die moralische Offensive gegenüber kulturellen Analysen zurückzugewinnen sucht, die nicht in die altideologischen Weltbilder passen.
Eine Kultur, die keine nachhaltigen Existenzbedingungen hervorbringt, verdient Kritik und nicht Aufwertung mittels ›interkultureller Dialoge auf Augenhöhe‹. Da der nahöstliche Kulturalismus in einer Sackgasse steckt, sollten interkulturelle Dialoge nicht seiner Aufwertung, sondern seiner Analyse und der Prävention vor seiner Radikalisierung dienen. Dialoge sollten nicht mit dem Islam, sondern mit Muslimen als Individuen geführt werden.
Warum verstrickt sich der Westen trotz dieser Bilanz weiter indirekt, durch Waffenlieferungen und durch so seltsame Verbündete wie Saudi-Arabien und Türkei in das nahöstliche Chaos? Dies erklärt sich aus der westlichen Verstrickung zwischen einem idealistischen Werte-Universalismus und einem ökonomischen Materialismus, zwischen Politik und Geld.
Damit waren linke und rechte Parteien im Boot, den einen galt Afghanistan als »Leuchtfeuer der Demokratie im Mittleren Osten« (Joschka Fischer) und den anderen leuchteten die Leopard-Panzer als Exportschlager, auch nach Saudi-Arabien, welches Terror nach Europa exportiert. (Sebastian Sons, Auf Sand gebaut. Saudi-Arabien – Ein problematischer Verbündeter, Berlin 2016) Das kurzfristige Interesse rangiert selbst vor Sicherheitsinteressen. Es macht den Westen – anders als im Kalten Krieg – strategieunfähig.
Die Verstrickung mit dem Nahen Osten nahm eine neue Dimension an als die Türkei mit Leopard-Panzern, von denen die türkische Armee mehr besitzt als die Bundeswehr, in Syrien einmarschierte. Nachdem der Westen (auch Deutschland) mit der Waffen- und Trainingshilfe an die kurdische Peschmerga die Kurden als Bodentruppen gegen den Islamischen Staat ausgestattet hatte, schaut er der Invasion kommentarlos zu. Das Ziel des türkischen Einsatzes, den kurdischen Terrorismus gegenüber der Türkei zu bekämpfen, ist höchst umstritten. Auch wenn die kurdische YPG keineswegs zur Idealisierung taugt, sie einerseits als Kämpfer gegen den IS zu nutzen und dann als Terroristen zu bekämpfen, passt nicht zusammen.
Als Nato-Mitglied nimmt die Türkei den symbolischen Schutz der Bundeswehr in Anspruch und erhält als Beitrittskandidat zur Europäischen Union über 300 Millionen Euro jährlicher Heranführungshilfe. Der Westen wünscht sich viele Bündnispartner, nach der alten Denkweise, je größer desto stärker. Dies galt ja auch für das Ausgreifen der Nato gegenüber der Ukraine und Georgien.
Wenn die Türken weiter vorrücken, könnten sie sogar mit amerikanischen Kommandos zusammenstoßen. Dies wird aber nicht geschehen, weil die USA ihren kurdischen Verbündeten verraten werden, damit sie die Türkei nicht als Nato-Bündnispartner verlieren. Wenn im Nahen Osten Truppen der größten Nato-Staaten aufeinanderzutreffen drohen, dann bleibt nur der Seufzer von Hamlet: Die Welt ist aus den Fugen. Sie braucht eine Neuordnung entlang kultureller Kategorien.
Antiwestliche Ressentiments im Nahen Osten
Die nachkolonialen Verstrickungen begannen mit dem vom britischen Geheimdienst und der CIA initiierten Putsch gegen den gewählten iranischen Präsidenten Mossadegh 1953. Es ist kein Zufall, dass der antiwestliche Islamismus 1979 seinen Ausgang vom Iran genommen hat. Der Westen hat – wie es Michael Lüders formuliert – »Wind gesät und Sturm geerntet.«
Mit dem Hass nahöstlicher Eliten auf die Dominanz oder auch auf die Dekadenz des Westens verbauen sie sich Chancen auf Entwicklungen. Bei allem Verständnis für die Pflege der eigenen Identität: die wissenschaftlich-technischen Errungenschaften des Westens sind die Voraussetzung für die Entwicklung auch anderer Kulturkreise.
Es reicht nicht, sich nur einzelne Bausteine herauszukaufen. Wie das Beispiel China zeigt, muss ein Land sich keineswegs auf alle kulturellen und politischen Spielregeln des Westens einlassen. Aber es muss sich auf die Spielregeln einer funktionierenden Zivilisation einlassen.
Auch für diese These dient der Iran als Beispiel. Die geplante Verstaatlichung der Anglo-Iranian Oil Company 1953 durch Mossadegh mag im Lichte kulturellen Blut und Boden-Denkens berechtigt gewesen sein und kam antiwestlichen Ressentiments auf gleichsam populistische Weise entgegen. Übergangen wird dabei die Abhängigkeit von westlichem Knowhow und Investitionen. Das Öl des Nahen Ostens läge ohne westliches Knowhow, ohne westliche Gier womöglich noch unentdeckt im Boden.
Wenn sich umgekehrt Marionetten wie der Schah mit Haut und Haaren dem Westen verschreiben und die eigene Kultur verachten, schlägt diese übertriebene Anpassung in kulturalistische Gegenextreme wie der theokratischen »Islamischen Republik Iran« um. Die Gratwanderung zwischen einer Anpassung an die westliche Zivilisation und Abgrenzung zur westlichen Kultur ist der islamischen Kultur nicht gelungen.
Wie schlecht die weichen kulturellen Kategorien und die materiellen Funktionsbedingungen einer Zivilisation zusammenpassen, zeigt sich in der Migrationsproblematik. Wo aus kulturellen Traditionen heraus mehr als fünf Kindern als erstrebenswert gelten, sie aber aus Mangel an materiellen Fortschritten nicht beschäftigt werden können, fliehen viele in die kulturell verachtete westliche Zivilisation. Dieser antiwestliche Kulturalismus ist dann eine denkbar schlechte Integrationsvoraussetzung.
Illusion Interkulturalität: Türkei und Sarajewo
Legion sind die Versuche, unterschiedliche Kulturen in ein Zwischenreich zu überführen. Die interkulturellen Bemühungen enden oft umso mehr in einer Fundamentalisierung von sich in Frage gestellt fühlenden Kulturen.
Auf der staatlichen Ebene erleiden wir dies ja heute bei der Türkei, die lange als Zwischenreich zwischen Okzident und Orient gehandelt und hofiert wurde. Die heutige Türkei ist keine Brücke mehr von West nach Ost, sondern von Ost nach West. (Inga Rogg, Türkei, Die unfertige Nation. Erdogans Traum vom Osmanischen Reich, Zürich 2017 )Erdogan geht es um einen sunnitischen Panislamismus unter türkischer Führung. Er sieht sich als Chef der Muslimbruderschaft, deren Ziel die Umma, jene universelle Gemeinschaft und Herrschaft des Islams ist.
Den langjährigen Syrienkrieg hätte es ohne die Unterstützung der Türkei, ohne ihre offenen Grenzen und Rückzugsräume für sunnitische Islamisten nicht gegeben. Erdogans Ziel ist am Eingreifen Russlands und des Irans gescheitert. Jetzt versucht Erdogan die Extremisten nach Ägypten und in andere afrikanische Länder, manche argwöhnen, auch nach Deutschland umzulenken.
Die Verstrickungen und Missverständnisse zwischen den Kulturen nehmen ihren Ausgang darin, dass schon die Begriffe nicht zueinander passen. Der kemalistische Laizismus bedeutete in der Türkei nicht die Trennung von Staat und Religion, sondern die Herrschaft des Staates über die Religion.
Der Kampf Erdogans gegen das türkische Militär diente nicht der Demokratie, sondern der Umkehrung der Machtverhältnisse zugunsten der Religion. Auch die Gülen-Bewegung nutzte den westlichen Leitwert ›Bildung‹ nicht zur Öffnung der Horizonte, sondern um die Türkei nationalistischer und islamistischer zu machen. Selbst auf dem Balkan ist es dem Westen nicht gelungen, seine Werte und Strukturen zu vermitteln.
Bosnien ist mit seinen muslimischen, orthodoxen und katholischen Teilen das Jerusalem Europas. Hier trafen Orient und Okzident aufeinander. Die Hälfte der Einwohner Bosniens-Herzegowinas sind Muslime. Knapp ein Drittel der Bevölkerung gehört der serbisch-orthodoxen Kirche an. Fünfzehn Prozent sind Katholiken. Die Mischung der Kulturen hat wenig Glück gebracht.
In den entlang kollektiver Identitäten zersplitterten Strukturen Bosnien-Herzegowinas werden Nationalstaat und Demokratie sowohl entlang der religiösen als auch der ethnischen Spaltungen aufgeteilt. Die drei unterschiedlichen Ethnien fallen mit den drei Religionen jeweils zusammen. Die Serben sind orthodox, die Bosniaken muslimisch und die Kroaten katholisch. Durch diese Doppelkonstruktionen kommt es zu einer doppelten Verstrickung. Saudisches Sponsoring von Moscheen, Imamen und Sportprojekten versucht das Land kulturell in die islamische Welt zu ziehen. Heute sind bereits 80 Prozent des einst so multikulurellen Sarajewos islamisch. Schon in den Grundschulen beginnt die Missionierung.
Die auf den weltweiten globalen Wettbewerb ausgerichtete akademische und damit weitgehend industrialisierte Bildung hat sich auch in Sarajewo inflationiert. In den Straßen von Sarajewo wimmelt es von Juristen, Psychologen, Soziologen und Ökonomen. Knapp siebzig Prozent der Jugendlichen haben keine Arbeit oder gehen Beschäftigungen nach, die nicht ihrer Ausbildung entsprechen. Vier von fünf Jugendlichen wollen ihr Land verlassen. (Rolf Bauerdick, Die Jugend von Sarajewo, in: Christ in der Gegenwart Nr. 45/2017)
Dort trifft er auf dem Arbeitsmarkt auf eine Jugendarbeitslosigkeit, die keineswegs den Verheißungen einer offenen Gesellschaft entspricht. Sie liegt in der EU bei 16,9 Prozent der 15-bis 24 jährigen. Jeder dritte erwerbstätige Jugendliche hat in der EU nur einen Teilzeitjob, 44 Prozent der Jugendlichen, (12 Prozent der Erwachsenen) haben nur eine befristete Stelle. (Vgl. DIW Wochenbericht 44/2017. www.diw.de ) Die daheimgebliebenen, aber entwurzelten Jugendlichen könnten identitären Verlockungen verfallen. Allerdings erzeugen die arabischen Anwerbeversuche auch gegenteilige Effekte, weil die strengeren Sitten den Menschen auf die Nerven gehen und wieder die Sehnsucht nach dem alten bosnischen Islam aufkommt.
Wohlgelitten sind allerdings die beträchtlichen Investitionen und Touristen aus den Golfstaaten und der Türkei, für die Bosnien immer attraktiver wird: wegen des besseren Wetters und der Nähe zu den Europas Märkten. Je unsicherer der Nahe Osten wird, desto mehr Zulauf erhält das wieder friedliche Bosnien, in dem weder demokratische Strukturen noch der Islamismus für ein besseres Leben sorgen können, sondern nur günstige Investitionsbedingungen. (Zwischen 2015 und 2017 vergrößerte sich die Zahl der arabischen Besucher in Bosnien, von 40.000 auf 89.000. Bosnien lehrt, dass sich ein friedlicher Islam rechnet. – Vgl. Bosniens kühler arabischer Frühling, In: Neue Zürcher Zeitung v. 27.1.2018.)
Koexistenz der Kulturen statt Universalität einer Kultur
Das westliche Menschenrechtsverständnis ist keineswegs universal. Die »Kairoer Erklärung der Menschenrechte« von 1968 stellt als Antwort auf die Menschenrechtscharta der UN klar, dass Menschenrechte nur von Gott gewährt und nur im Rahmen der Scharia gültig sind. Es handelt sich um universelle Gottesrechte, aus denen sich für Menschen Pflichten ergeben. Die Inkompatibilität beider Kulturkreise nimmt kriegstreiberische Züge an, wenn sich beide für universell gültig erklären. Auf den politischen Universalismus des Westens antwortete der religiöse Universalismus von Islamisten.
Der Westen sollte sich auf die Selbstbehauptung seiner westlichen Wertegemeinschaft konzentrieren. Statt nahöstliche Konfliktparteien mit Waffen zu beliefern, sollten der Bundeswehr einsatzbereite Waffen zur Verfügung gestellt werden. Aus mehr Selbstbegrenzung würde mehr Selbstbehauptung entstehen.
Eine Alternative zur gescheiterten westlichen Weltordnung läge in dem Übergang vom politischen oder religiösen Universalismus zu einer Strategie der Koexistenz und in der spezifisch westlichen Strategie einer Selbstbegrenzung nach außen und Selbstbehauptung nach innen. Auf dieser Grundlage können die Funktionssysteme der Zivilisation wie Wissenschaft, Bildung, Technik und Wirtschaft umso besser kooperieren.
Für diesen Paradigmenwandel in der Außenpolitik gäbe es ein Vorbild. Während der Westen sich mit der Universalisierung seiner Werte und Strukturen überdehnt hat, begnügte sich China mit ökonomischer Vernetzung. Gegenüber Konflikten in anderen Weltregionen bleibt es neutral. China hat zu einer außerordentlich effektiven Mischung aus Staatswirtschaft und Marktwirtschaft gefunden, zwischen dem notwendigen Protektionismus gegenüber außen und Globalisierung nach außen.
Neutralität gegenüber regionalen Konflikten würde diese einzugrenzen helfen. Die innerislamischen Rivalitäten schützen Israel und Europa vor einem konzentrierten Ausgreifen. Eine neutralere Politik, die allenfalls ein Gleichgewicht zwischen den uns gleichermaßen fremden Mächten anstrebt, würde die Abgrenzung zwischen sunnitischen und schiitischen Mächten fördern. Mit Saudi-Arabien unterstützt der Westen die aggressivste Form des Islam. Der Iran stellt, da Schiiten nur eine Minderheit sind, nur eine regionale, aber keine globale Herausforderung dar.
Mauern und Grenzen – wie heute auch zwischen Israel und den palästinensischen Gebieten – sind nicht gut, aber besser als entgrenzende Verstrickungen. Im Kalten Krieg hat die Strategie der Koexistenz den Frieden zwischen ideologisch inkompatiblen Mächten erhalten. Der ehemalige Weltpolizist USA ist derzeit auf einer irrlichternden Suche nach einer neuen Rolle.
Donald Trump stuft Russland und China wieder als ›rivalisierende Konkurrenten‹ ein, denen gegenüber der Einfluss Amerikas auszuweiten sei. Solange die USA China und Russland nicht auf Augenhöhe behandeln und ihnen Einflusssphären einräumen nach dem Motto ›Jedem sein Mittelamerika‹, werden wir uns keiner Weltordnung annähern können. (Heinz Theisen, Der Westen in der neuen Weltordnung, Stuttgart 2017)
In einer an Stabilität orientierten multipolaren Weltordnung wären China, USA, Russland und womöglich auch die EU ›Frenemies‹, die trotz kultureller und politischer Differenzen wirtschaftlich und im Kampf gegen das transnationale Verbrechen kooperieren. Die USA sind zwar noch nicht hinreichend Willens zur Selbstbegrenzung, aber zur Selbstbehauptung. Europa ist weder das eine noch das andere.
Erst wenn Europa die Unterschiede der Kulturen wieder in seine Kalküle einbezieht, kann es zu einer tragfähigen Rolle in einer neuen Weltordnung und Strategie finden. Aus dem Sinn für die Multikulturalität der Welt würde auch wieder der notwendige Sinn für die Grenzen des Westens erwachsen.
Israel zwischen den Welten
Das säkulare Judentum in Israel ist Teil der westlichen Welt, das orthodoxe Judentum verbindet dagegen Religion und Politik auf integristische Weise. Bei Wirtschaft und Technologie gehört Israel zur Weltspitze. Während die jüdische Kultur für die meisten Araber unzugänglich scheint, sind Wirtschaft und Technologie Israels für sie von größter Bedeutung.
Die Anerkennung Jerusalems als Hauptstadt Israels wie auch die Kürzung der Unterstützungsgelder für die Palästinenser soll deren Verzicht auf eine Zweistaatenlösung erzwingen. Säkulare Palästinenser setzen hingegen längst auf die Einstaatenlösung. Dadurch würde Israel gezwungen, allen Palästinensern die Staatsbürgerschaft zu geben, worüber sie dann in Zukunft die Mehrheit stellen.
Israelische Nationalisten gehen wiederum davon aus, dass die arabische Welt viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist, um den Palästinensern noch viel Unterstützung zu gewähren. Sie wollen die Palästinenser in kleine Enklaven zwingen, wo sie entweder die jordanische oder wie im Falle Gazas die ägyptische Staatsbürgerschaft erhalten.
Das zivilisatorische Paradigma erfordert nicht nur die Trennung von Religion und Politik, sondern auch von Religion und Wissenschaft, Technik und Ökonomie. Ägypten und Jordanien, im Sechstagekrieg noch Feinde Israels, haben ihre kulturellen und politischen Kategorien soweit relativiert, dass sie heute faktisch Sicherheitspartner Israels sind. Jordanien könnte ohne Israels Meerwasserentsalzung nicht mehr überleben.
Der Streit um den heiligen Jordan ist demgegenüber reiner Anachronismus. 97 Prozent seiner Energie muss importiert werden und deshalb muss es sich sowohl mit Israel als auch Saudi-Arabien und den USA gut stellen. Da die Hälfte der Bevölkerung Palästinenser sind, ist es auch gezwungen, multiethnisch zu sein. Ägypten braucht Israel im Kampf gegen den Islamischen Staat.
Während über die Türkei und Sarajewo der antiwestliche Islamismus nach Europa vordringt, könnte Israel eine Brücke sein, über die zivilisatorische Projekte in den Nahen Osten vorrücken. Den Unterschied zwischen dem Kulturalismus und Zivilisation veranschaulicht der Vergleich zwischen dem Gaza-Streifen und der weit wohlhabenderen Westbank.
Die 1,5 Millionen Palästinenser, die als Staatsbürger in Israel leben, führen dort ein weitaus besseres Leben als es in den Nachbarländern möglich wäre. Selbst wenn viele den jüdischen Staat ablehnen, denken sie nicht daran, auf die andere Seite zu wechseln. Sie haben sich gegen Identität und für ihre alltäglichen Interessen, für ihre Berufe und Familien entschieden.
Die Stabilität des Staates Israels ist auch für Geschäftsleute in der Westbank attraktiver als die korrupte Fatah oder als ein Bürgerkrieg, der ihnen im eigenen Staat zwischen der islamistischen Hamas und der nationalistischen Fatah droht. Verschiedene Kulturen können keine gemeinsame Leitkultur vertragen. Umso mehr brauchen sie die Assimilation in die Strukturen des Staates, an dessen Gesetze und Institutionen, von der Schule bis zu Gerichten. (Armin Langroudi, »Islam der Mitte«. Das Dilemma Europas in seinem Verhältnis zum, Islam, In: Tumult. Vierteljahrsschrift für Konsensstörung, Winter 2017/2018, S. 85ff) Die Politik muss sowohl Differenzen anerkennen als auch das Gemeinsame bestimmen. Neben der Vielfalt der Kulturen muss die staatliche Einheit gewahrt werden.
Diese Hoffnung auf eine Relativierung des Kulturalismus ist kein bloßer Idealismus; sie steht im Einklang mit den Bedingungen des Wohlstands. Reichtum erwuchs früher aus dem Zugriff auf Ressourcen wie Weizenfeldern und Ölplattformen.
Heute ist die zentrale Quelle des Wohlstands Wissen. Ölfelder können durch Krieg erobert werden, Wissen nicht. Kriege lohnen sich allenfalls – wie im Nahen Osten und Zentralafrika – wo materialbasierte Ökonomien vorherrschen. Rohstoffe und Energie sind endlich, Wissen ist unendlich: eine wachsende Ressource, je mehr man davon nutzt, desto mehr hat man. (Yuval Noah Harari, Homo Deus. Eine Geschichte von Morgen, München 6. Auflage 2017, S 27 und S. 290)
Eine wissensbasierte Ökonomie macht die Raum- und Expansionspolitik zum Anachronismus. Vor 40 Jahren lebten mehr als die Hälfte der Menschheit (damals zwei Milliarden) in extremer Armut. Heute sind es bei einer fast doppelt so großen Menschheit nur noch 700 Millionen. Dieser Entwicklungssprung ist weder den Religionen und allenfalls mittelbar der Politik zu verdanken, unmittelbar technischen Innovationen und Investitionen in Bildung, Gesundheit und Infrastruktur.
Individualismus fördern und fordern
Im Nahen Osten ist nur die Bildungssituation besser geworden. Doch obwohl besser ausgebildet als ihre Eltern, haben sich die Jobaussichten der Jugendlichen sogar verschlechtert. Wo die Bevölkerung um ein Vielfaches schneller wächst als der Arbeitsmarkt, ist Bildung ein leeres Versprechen. (Bezüglich des individualistischen Aufbruchs der iranischen Jugend gibt es bereits eine ganze Literaturgattung. – Vgl. z. B Adnan Tabatabai, Morgen in Iran. Die Islamische Republik im Aufbruch, Hamburg 2016)
Bildung ist nur der erste Schritt, weitere müssen folgen. Der Kern der europäischen Erfolgsgeschichte ist die »Erfindung des Erfindens« (David Landes, Wohlstand und Armut der Nationen. Warum die einen reich und die anderen arm sind, Berlin 1999). Hinzu kamen der methodische Prozess technischer Innovationen, verbunden mit der Sicherung des Privateigentums und der Patente, der Praxis freier Märkte und der freie Austausch von Ideen. Dies alles wird ermöglicht und zusammengehalten durch einen ausgeprägten Individualismus, den es auch im Nahen Osten zu fördern und zu fordern gilt.
Für eine Säkularisierung fehlen im Islam wesentliche Grundlagen wie das Geleitwort von Jesus: ›Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist.‹ Aber nicht zuletzt die neuen Medien bahnen neue Wege zu einer Entkollektivierung des Bewusstseins. Wie im Europa der Nachkriegszeit, als die Menschen immer weniger bereit waren, ihr Leben nach nationalistischen oder später nach sozialistischen Ideologien auszurichten.