von Helmut Roewer
Mit diesen Betrachtungen zum Krisenjahr 1923, wende ich mich der Kampfform der Beeinflussung zu. Nach all den Misserfolgen, welche die sowjetrussischen Umstürzler im Laufe der Jahre hinzunehmen hatten, mussten nun die Schriftsteller an die Front. Sie hatten beträchtlichen Erfolg. Der Schriftsteller, um den es im Folgenden als dem erfolgreichsten unter den Beeinflussern gehen soll, ist der Literaten-Star Maxim Gorki. Er war, um in einem sowjettypischen Bild zu schwelgen, ohne es zu wollen, Hammer und Amboss zugleich.
Eins: Auf dem Wege zur Sonne – der Wanderer Maxim Gorki
Bevor aus dem Mann der weltbekannte Maxim Gorki wurde, hieß er Alexej Maximowitsch Peschkow. Er kam 1868 in Nishnij Nowgorod – das liegt rund 450 km östlich von Moskau – als armer Leute Kind zur Welt. Frühzeitig verwaist und ohne nennenswerte Schulbildung vagabundierte er in Russland umher. Kurz vor der Jahrhundertwende gelang es ihm, eine erste Erzählung zu veröffentlichen. Zu der Zeit hatte er einen Posten als Journalist bei einer Lokalzeitung in Samara inne. Das befand sich nicht gerade im Zentrum Russlands, sondern rund 700 km Wolga-abwärts von seinem Geburtsort entfernt. Nun ja, die Wolga ist lang, und, wie der Russe so sagt, der Zar ist weit.
von Helmut Roewer
Wenn Sieger die Grenzen willkürlich verschieben, werden Bewohner, die lange friedlich zusammenlebten, plötzlich zu Außenseitern, Ausgestoßenen und Feinden. Aus diesem Reservoir pflegen sich Geheimdienste zu bedienen. Das folgende Beispiel führt uns nach Galizien. Dort wechselte in den letzten 110 Jahren vielfach die Herrschaft. Heute gehört Galizien zur Ukraine. Noch.
Ein hoffnungsvoller Anfang
Der Held dieser Geschichte heißt Basil Diduschok oder – je nach Ort, Zeit oder Betrachter – etwas anders mit Nachnamen: Diduschek oder Diduszok oder Дидушeк, und mit Vornamen: Basilius oder Wassil oder Wassilij. Er kam gut ein Jahrzehnt vor der Jahrhundertwende, 1889, in Galizien zur Welt. Angaben, denenzufolge der Geburtsort in der Gegend von Lemberg lag, sind irreführend. Lemberg, das damals auch offiziell noch Lemberg und nicht Lwiw oder Lviv oder Lwow oder Lwów hieß, gehörte zur österreichischen Reichshälfte der Donaumonarchie. In deren Armee muss Diduschok seinen Wehrdienst geleistet haben und zum Reserveoffizier ernannt worden sein, denn sonst wäre es schlecht möglich, dass er auf einem Bild aus dem Ersten Weltkrieg mit den Dienstgradabzeichen eines k.u.k. Hauptmanns zu sehen wäre – es sei denn, das Bild wäre ein Fake aus späteren Jahren.
von Herbert Ammon
Geschichtspolitik im Zeichen des Krieges
I
Wir – die Bundesrepublik Deutschland in und mit der Nato – befinden uns zwar noch nicht im Krieg, wie unsere Außenministerin Baerbock in einem ihrer faux-pas meinte. Nichtsdestoweniger findet hierzulande – nicht erst seit Beginn von Putins ›militärischer Spezialoperation‹, sondern seit dem Kiewer Maidan 2013/14 und der darauffolgenden Annexion der Krim – ein Meinungskrieg statt. Parteinahme ist geboten. Es gilt, die Guten von den Bösen zu unterscheiden, was im Falle des auch ob seiner KGB-Praxis notorischen Putin einfach scheint. In einem solchen Krieg eine um Analyse und mögliche Konfliktlösung bemühte Position einzunehmen, bedeutete moralische Feigheit, schlimmer noch: es handelte sich um Putinismus, um Verständnis für das Böse. Ist die Sache derart geklärt, setzt die Suche nach den Wegbereitern und Parteigängern des historisch Bösen ein.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G