von Felicitas Söhner, Anne Oommen-Halbach, Heiner Fangerau
Der britische Historiker Timothy Garton Ash bemerkte einmal: »1989 war das bedeutendste Jahr der Weltgeschichte seit 1945« (Ash 2009). Zumindest für die deutsche Geschichte mag das zutreffen. Das Jahr der Wiedervereinigung, das auch über Deutschlands und Europas Grenzen hinaus zu tiefgreifenden gesellschaftlichen Transformationsprozessen führte, jährt sich 2019 zum 30. Mal. Die Generation der heute lebenden Jugendlichen und jungen Erwachsenen kennt das Leben und den Alltag in einem geteilten Deutschland nur noch aus Schulbüchern oder aus Erzählungen. Grundlegende zeithistorische Kenntnisse scheinen ihnen nur unzureichend vermittelt zu werden: Bereits zum 20. Jahrestag des Mauerfalls wurden bei deutschen Schülern im Hinblick auf die Geschichte der DDR erhebliche Wissenslücken konstatiert (BKM 2012: 65). Auch an den Universitäten sind bis auf wenige herausragende Ausnahmen die Forschungszweige zur Geschichte der DDR und dem damit verbundenen SED-Unrecht bislang nur wenig ausgebildet. In Ost und West stehen sich zudem getrennte Erinnerungskulturen gegenüber. (BMBF 2017, Söhner 2014)
von Rolf Schwanitz
Nun haben Blessing und Siegert also in einem wuchtigen Artikel gegen Richard Schröder zurückgeschlagen und festgestellt, die Überschuldung der DDR sei eine Lüge. Dabei wiederholen sie im Kern lediglich Zahlen, die von der Bundesbank bereits vor 20 Jahren veröffentlicht worden sind. Die Frage, ob die Devisenbunker des KoKo-Imperiums in der damals geheimen SED-Politbürovorlage von 1989 (Schürer-Papier) hätten mitgezählt werden müssen, ist jedoch ziemlich unerheblich. Von zentraler ökonomischer Bedeutung ist vielmehr, dass die DDR-Betriebe bis auf wenige Ausnahmen hochgradig verschlissen, die Produkte auf den westlichen Märkten kaum konkurrenzfähig waren und die Volkswirtschaft nur abgeschottet durch Mauer und Stacheldraht existieren konnte. Dazu findet sich bei Blessing und Siegert kein Wort, aber ihnen geht es wohl mehr um Selbstrechtfertigung als um eine realistische Analyse. Bezeichnend ist auch der Satz, dass die DDR seit ihrer Gründung vom Westen unter anderem durch »Abwerbung und Abwanderung von Millionen arbeitsfähiger Menschen … ausgeplündert wurde.« Hier macht man sich noch nicht einmal die Mühe, den alten und offensichtlich gut gelernen SED-Jargon zu verstecken. Die frustrierten Ostdeutschen, um die solche Artikel offensichtlich buhlen, sollten genau registrieren, dass ihr berechtigtes Streben nach Freiheit und Freizügigkeit hier komplett ignoriert und sie nur als Marionetten begriffen werden.
von Fritz Schmidt
Mit dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf Polen am 1. September 1939 jährt sich 2019 zum 80. Mal der Beginn des Zweiten Weltkriegs. Nach dessen Ende fanden in Nürnberg Prozesse gegen führende Nationalsozialisten und Militärs statt, wobei von letzteren im Hauptkriegsverbrecherprozess zwei zum Tode verurteilt und hingerichtet wurden: Generalfeldmarschall Wilhelm Keitel und Generaloberst Alfred Jodl.
Der Name Jodl ist mir ein Begriff seit dem Prozess vor dem Internationalen Militärtribunal 1945/46 in Nürnberg. Inhaltlich habe ich, damals 9-/10jährig, sicher nichts verstanden, aber der Name Jodl fiel mir auf, da er mir in meinem damaligen kindlich-engen Gesichtskreis nicht bekannt war, allenfalls Assoziationen auf Jodeln als oberbayrische Heimat-Sangeskunst weckend ...
Als ich mich später mit dem Nationalsozialismus, mit den Nürnberger Prozessen beschäftigte, mit einzelnen Angeklagten wie Alfred Jodl, Jahrgang 1890, kristallisierte sich heraus, dass bei diesem öfter die Rede davon war, er sei einer der zu Unrecht zum Tode verurteilten Angeklagten gewesen. Das sei dahingestellt, aber bei näherer Betrachtung zeigt es sich, dass auf die Nürnberger Anklagebank noch andere vormalige Generale gehört hätten, zuvörderst der ehemalige Generaloberst und Chef des Generalstabs des Heeres, Franz Halder.
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