von Ulrich Schödlbauer
Wer täglich erfährt, wie sich die spielerische Erprobung der Differenz an den sogenannten ›Realitäten‹ bricht, der bildet leicht einen Respekt vor der Wirklichkeit aus, in dem die Kluft zwischen den Möglichkeiten des Einzelnen, sich zu unterscheiden, und den Unterschieden, die ohne ihn gemacht werden, deren Wirksamkeit er aber am eigenen Leib erfährt, unüberbrückbar geworden ist. Die anonyme Kommunikationsgesellschaft, die dem Bedürfnis nach einer bunteren Welt entgegenkommt, verschärft diese Disposition, weil sie Distanz gleichermaßen aufhebt wie schafft. Die mediale Präsentation von Fernverhältnissen, als seien es Nahverhältnisse, erzeugt jenen Orientierungsraum, in dem alle erdenklichen Optionen zwar gegenwärtig (und insofern real), aber nicht reell sind. Medienkonsumenten geht es da nicht anders als den Lesern historischer Romane, die sich als immaterielle Begleiter im Nahfeld eines Personals einnisten, welches ›in Wahrheit‹ längst verstorben und mitsamt der Konstellation, die sie hervorgebracht hat, im Abgrund der Zeit verschwunden ist.
von Ulrich Schödlbauer
Wir wissen nicht, wer Uschi, Horst und Babs sind, ihre Spur verliert sich im Dunkel der Geschichte, aber ihr Blumenkübel ist geblieben. Man muss das festhalten (oder erinnern, wie der entsprechende Ausdruck lautet), damit es nicht eines Tages heißt, es habe sie nie gegeben und in Wahrheit hätten Eliza, Bob und Hilary der Welt den Kübel geschenkt… Die Wahrheit ist: Uschi, Horst und Babs sind ewig, weil sie allgegenwärtig sind. Dass sie überdies wahr sind, wie der Künstler lehrt, liegt weniger an Wladimir Iljitsch Lenin, dem die Welt das Original verdankt: Die Lehre von Marx ist allmächtig, weil sie wahr ist – natürlich ohne Hinweis auf unser Dreigestirn –, als vielmehr an ihrem Wesenskern. In ihm sind Bekennen und Wissen eins. Das Bekennen kommt vor dem Wissen und bringt es praktisch hervor. Man nennt das seit Kant den Primat der Praxis. Leider vergaß der Königsberger hinzuzusetzen, dass es die revolutionäre Praxis ist, die das Wissen um die wahren Weltverhältnisse hervorbringt. Aber das versteht sich – seit Lenin – praktisch von selbst.
Von Heribert Stiegenheimer
Sie entschuldigen bitte, ich muss Ihnen in meinem sechsten Lebensjahrzehnt endlich einmal mein Herz ausschütten. Es mag schlimmere Dinge geben, als im Bann des Fußballs gefangen zu sein. Zum Beispiel das anerzogene Interesse für die sogenannte »Modernen Musik«. Diese disharmonischen Geräusche müssen jedes ästhetisch geschulte Ohr beleidigen. Ist das Opfer einmal in diese Sektenkreise hineingeraten, gibt es aus der Lärm-Okkultismus kein Entrinnen, ohne dafür gestalkt und gesteinigt zu werden.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G