von Ulrich Schödlbauer
Wir wissen nicht, wer Uschi, Horst und Babs sind, ihre Spur verliert sich im Dunkel der Geschichte, aber ihr Blumenkübel ist geblieben. Man muss das festhalten (oder erinnern, wie der entsprechende Ausdruck lautet), damit es nicht eines Tages heißt, es habe sie nie gegeben und in Wahrheit hätten Eliza, Bob und Hilary der Welt den Kübel geschenkt… Die Wahrheit ist: Uschi, Horst und Babs sind ewig, weil sie allgegenwärtig sind. Dass sie überdies wahr sind, wie der Künstler lehrt, liegt weniger an Wladimir Iljitsch Lenin, dem die Welt das Original verdankt: Die Lehre von Marx ist allmächtig, weil sie wahr ist – natürlich ohne Hinweis auf unser Dreigestirn –, als vielmehr an ihrem Wesenskern. In ihm sind Bekennen und Wissen eins. Das Bekennen kommt vor dem Wissen und bringt es praktisch hervor. Man nennt das seit Kant den Primat der Praxis. Leider vergaß der Königsberger hinzuzusetzen, dass es die revolutionäre Praxis ist, die das Wissen um die wahren Weltverhältnisse hervorbringt. Aber das versteht sich – seit Lenin – praktisch von selbst.
Uschi, Horst und Babs sind Bekenner. Wir können sicher sein, dass sie heute, ein knappes Menschenalter weiter, je nach Wetterlage mit Sternchen* antreten oder sich als ›Bekennende‹ outen würden. Mit dem Mist, den der Bauer ausfährt, ändert sich bekanntlich das Wetter und damit die Gesamtlage der Gesamtgesellschaft. Man darf den Einfluss dieses wichtigen Details auf die Weltklimalage nicht unterschätzen. Die Welt hat sich verändert, seit Uschi, Horst und Babs sie zur Kenntlichkeit verändert haben. Sie ist sensibler geworden und bringt sich selbst zur Kenntnis, gleichsam mit Bordmitteln, während die revolutionäre Praxis der Kleber & Kreischer die Wertfrage stellt: Die Welt ist alles, was wert ist – vor allem erhaltenswert. Eine Welt, die sich selbst erhält, ist nicht vonnöten. Um die Wahrheit zu sagen – die Wahrheit und nichts als die Wahrheit –: Sie ist schädlich und muss entsorgt werden. Für diese ewige Wahrheit steht der Blumenkübel.
Uschi, Horst und Babs haben begriffen, dass ihr Kübel die Welt ist und die Welt in den Kübel muss, um zu überleben. Der Bauer im Hintergrund weiß es noch nicht, doch die EU wird es ihn schon lehren. Auch das Klima, das allen dramatischen Kurven zum Trotz auf dem Teppich bleibt, scheint es noch nicht zu wissen. Uschi, Horst und Babs haben Corona überlebt und fragen die Welt, was daraus folgt. Überleben ist machbar, sagen sie im Chor, wir haben das gezeigt. Jetzt zeigen wir der Welt, wie es weitergeht. Wie ist das möglich? Die Welt hat nicht auf Uschi, Horst und Babs gewartet. Warum sollte sie es jetzt tun? Ganz einfach: Sind wir nicht alle, jeder nach seinen Kräften, Uschi, Horst und Babs? Haben wir nicht längst verinnerlicht, was sie uns sagen wollen? Verhalten wir uns nicht längst, statt zur Welt, zu den Lehren von Uschi, Horst und Babs? Und sind sie nicht wahr, weil sie allmächtig sind? Weil sie den Allmächtigen in den Köpfen beerbt haben?
Es ist wahr: Niemand kann heute ›Klima‹ denken, ohne Uschi, Horst und Babs in seinem Inneren aufzurufen, vor ihren Lehren stramm zu stehen und bedeutungsvoll mit den Augen zu rollen. Niemand kann ein Podium besteigen, ohne als ihr Bauchredner aufzutreten und vielleicht ein bisschen mit ihnen zu zanken wie des Teufels Großmutter, die ihrem schlafenden Liebling ein Haar ausreißt. Doch Uschi, Horst und Babs schlafen nie. Sie verzeihen auch nichts, keine Abweichung, keine Aufweichung, keine Ausschleichung. Uschi, Horst und Babs sind jetzt Wir alle. Wir wissen nicht, ob sie das je wollten, aber: Das haben sie erreicht. Sie haben noch nicht erreicht, was sie erreichen wollten, aber das haben sie erreicht. Die Welt ist Klima und das Klima ist – erraten! – Uschi, Horst und Babs. Sie haben der Wissenschaft den Saft entzogen und eine ›wissenschaftliche Weltanschauung‹ daraus gemixt, mit der sie den Blumenkübel düngen, der in jeder Saison die absonderlichsten Blüten treibt. Und wir? Wir verharren in Andacht vor ihrem Anblick, es sei denn, wir müssen zur Arbeit und verfluchen den Stau.
Kein Zweifel: Uschi, Horst und Babs sind Wir. Das groß geschriebene Wir dominiert das kleine wir der Leute, die mal eben zur Arbeit oder zum Apotheker müssen oder aus Spaß nach Sydney fliegen, das laut Uschi, Horst und Babs in diesen Tagen vom Großen Allgemeinen Meeresanstieg verschlungen wird wie all die anderen Küstenstädte, die geisterhaft weiter ihr Unwesen treiben. Das Große Allgemeine Passepartout-Wir, das der Westen über die Welt gestülpt hat, weiß nichts von Uschi, Horst und Babs. Es weiß nicht, was es im Innersten antreibt und seine Außenwahrnehmung steuert. Allmacht ist nur im Unsichtbaren. Unsichtbar sitzen Uschi, Horst und Babs auf den Dächern von Davos und lachen sich einen Ast. Sie sitzen unsichtbar im Sitzungssaal des Großen Senats und zeigen mit abgespreiztem Finger auf ihren Blumenkübel: Da! Sie sitzen auf der Regierungsbank und zeigen sich gegenseitig im Smartphone, was Sache ist. Sie sitzen auf den Oppositionsbänken und regen sich auf: So nicht! Die Welt geht unter, sie geht auf und ab, sie geht baden und stirbt an Dürre. Sie will betrogen sein. Denn das ist wahr.
Abb. mit freundlicher Genehmigung des Künstlers