von Rainer Paris
Eine soziologische Wortmeldung
In den jahrelangen Debatten um eine angebliche ›Spaltung der Gesellschaft‹, die Zuspitzung kultureller Konflikte oder vielfältige Gefährdungen der Demokratie zeichnet sich eine gewisse Übersättigung ab. Fortdauernder Alarmismus hat das Problem, dass er sich mit jeder Wiederholung schwächt und irgendwann erlahmt. Und auch das Prinzip Penetranz der ideologischen Dauerpropaganda funktioniert nicht ewig.
von Michael Klein
Über die psychologische Macht von Glaubenssystemen
Menschen brauchen in ihrem Denken Sinnhaftigkeit und Konsistenz. Widersprüche und Ambiguitäten sind ihnen zuwider. Vor mehr als 150 000 Jahren hat sich im humanen kognitiven System die Fähigkeit zu komplexem, abstraktem Denken entwickelt – und damit die Möglichkeit und auch der Zwang, abstrakte Sinnsysteme zu entwickeln oder sich nach ihnen zu verhalten. Das war die Geburtsstunde von Ideologien. Für den modernen Menschen werden rigide, emotional manipulierende Ideologien (wie Faschismus, Kommunismus, aber auch dogmatische Religionen) aufgrund der Massenkommunikation zunehmend zum Problem. Solche Ideologien entwickeln in der modernen Medienwelt eine zunehmende Toxizität, die durch das unkritische Wirken der Massenmedien noch verstärkt wird. Es bedarf eines kritischeren, reflektierteren Umgangs mit den allzu oft widerspruchsfrei und unkritisch daherkommenden Ideologien des 21. Jahrhunderts – Klimaapokalypse, Alternativlosigkeit der Migration, Wokeness, Aufrüstung und Kriegspropaganda und Zerstörung der Wirtschaft sind nur einige der zu dekonstruierenden Gegenwartsideologien. Ohne Bezug zu Freiheit des Denkens und der Meinungsäußerung besteht die wachsende Gefahr einer politisch-medialen Meinungsdiktatur, in der Widerspruch und Kritik an sich schon stigmatisiert werden. Die politischen und medialen Anstrengungen zur Normierung des Denkens sind derzeit unübersehbar, was eine Gefährdung von Freiheit und Demokratie bedeutet.
von Immo Sennewald
Damit ein kollektiver Selbstmord zustande kommt – jeder Griff nach der Weltherrschaft riskiert ihn – braucht es eine wirksame Ideologie und überlebensgroße Führungsfiguren. Manchen wurden frühzeitig Monumente errichtet, vor anderen – etwa dem Georgier Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili, genannt Stalin – eindringlich gewarnt. Kein geringerer als Lenin tat es, der Säulenheilige der Bolschewiki.: Stalin sei zu grob, und dieser Mangel, der in unserer Mitte und im Verkehr zwischen uns Kommunisten durchaus erträglich sei, könne in der Funktion des Generalsekretärs nicht geduldet werden. Genosse Stalin habe, nachdem er Generalsekretär geworden sei, eine unermessliche Macht in seinen Händen konzentriert, und er sei nicht überzeugt, dass Stalin es immer verstehen werde, von dieser Macht vorsichtig genug Gebrauch zu machen. Deshalb schlage er den Genossen vor, sich zu überlegen, wie man Stalin ablösen könne.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G