von Ralf Willms
Als »poetischer ›Zwischenbericht‹ (Klappentext) nach dem ›Ortswechsel‹« gilt der Gedichtband Wo es war von Kurt Drawert. Die Bezeichnung ›Zwischenbericht‹ mag sich dem Erscheinungsjahr verdanken, der Gedichtband erschien im vierzigsten Jahr des 1956 geborenen Autors, nachdem der Debütband Privateigentum sieben Jahre zuvor (und vier Jahre vor dem Ortswechsel von Ost nach West) veröffentlicht wurde. Ein Generalthema, das beide Gedichtbände durchzieht, ließe sich so formulieren: Wie behandelt ein politisches System – als gesellschaftliche Wirklichkeit – die Menschen, die in ihm leben?
von Ulrich Schödlbauer
In dem Buch von Aleida Assmann, dessen Untertitel »Erinnerungskultur« und »Geschichtspolitik« im Kontext der einen deutschen Vergangenheit miteinander verbindet, umgibt die Rede vom Tätervolk eine Aura des Selbstverständlichen, die wohl mehr über eine gegenwärtige Sprachpraxis in den Kulturwissenschaften aussagt als über den zur Prägnanz drängenden Sachverhalt. Merkwürdig mutet das insofern an, als Assmann gewissenhaft Gesichtspunkte registriert, die zur Kritik gerade dieses Begriffs einladen. Eine unterschwellige Tendenz des Buches scheint zu sagen: Seht her, da ist eine offene Frage, die zu formulieren schwer, vielleicht unmöglich ist, und die dennoch, in unser aller Namen, formuliert werden muss. In unser aller Namen oder in dem eines Dritten, der ungenannt bleibt. Vielleicht auch nicht: Wenn die Widmung den Historiker Reinhart Koselleck als »impliziten Adressaten« des Buches nennt, dann liegt darin mehr als eine höfliche Geste.
von Ulrich Siebgeber
Als die Bildzeitung warb,
die Wahrheit bedürfe des Mutigen, der sie ausspricht,
meldete er sich zur Stelle.
Der Epiker, erfährt man, hat eine löchrige Erinnerung.
Der Epiker, erfährt man, kann nichts dafür.
Der Epiker, erfährt man, kann sich keinen Reim drauf machen, was da passiert ist.
Der Epiker, erfährt man, will es endlich loswerden.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G