Peter Brandt
(Vortrag bei der Eröffnung des Regionalzentrums Berlin der FernUniversität am 18. September 2009)
Den meisten der Anwesenden wird in Erinnerung sein, wie heftig und teilweise erbittert 1991 die Debatte um die künftige Hauptstadt des neu vereinigten Deutschland geführt wurde: zuerst in der Publizistik, dann im Parlament. Streng genommen ging es gar nicht um die Frage der Hauptstadt; als solche war Berlin nämlich schon im Einigungsvertrag benannt worden. Hauptstadt und Regierungssitz sind in der Regel, aber nicht zwingend identisch. So ist Den Haag seit rund 200 Jahren Sitz der zentralen politischen Institutionen der Niederlande, wird aber nicht als Hauptstadt angesehen. Diesen Titel hat man der alten Wirtschafts- und Kulturmetropole Amsterdam vorbehalten, die in politischer Hinsicht ohne jede konkrete Funktion ist.
von Christoph Jünke
Biografien waren einst den großen Männern der Geschichte vorbehalten und galten – je nachdem, welcher Weltanschauung man anhing – mal als die Krönung der geschichtswissenschaftlichen Kunst und mal als deren zu vernachlässigendes Hinterteil. Mit dem nachhaltigen Einbruch einer die strukturellen Klassengrenzen in Frage stellenden und auf allgemein menschliche Emanzipation zielenden Geschichtsschreibung ›von unten‹, und mit dem parallelen, sich damit gelegentlich überschneidenden, Aufstieg einer sich auf Strukturen konzentrierenden Geschichtsschreibung, kamen sie dann weitestgehend aus der Mode. Doch Moden ändern sich bekanntlich – und die Biografie ist mächtig en vogue Bei dem seit vielen Jahren vor sich gehenden Boom einer Rückkehr zur Biografie dürfte es sich aber weniger um einen schlichten Pendelschlag rückwärts handeln, als vielmehr um eine mindestens partielle Überwindung der beiden alten Dichotomien. Denn was eine Vielzahl dieser unterschiedlichsten Arbeiten auszeichnet, ist gerade ihre Verbindung von Sozial- und Individualgeschichte. Unverkennbar schlägt sich in ihnen die Tendenz nieder, Geschichte von der Strukturebene auf die Ebene realer Menschen und ihrer Rolle in der Geschichte herunter zu brechen – ein Ansinnen, das nachvollziehbar auch damit zusammenhängen dürfte, dass Menschen von einem solchen Blick Rückschlüsse erwarten über den eigenen Ort ›in der Geschichte‹ und die eigenen Möglichkeiten, ›Geschichte zu machen‹.
von Peter Brandt
Die Zeitungen der Sozialdemokratie feierten Mitte November 1918 die Vorgänge der zurückliegenden Tage mit Worten wie, die Deutschen seien jetzt »das freieste Volk der Welt«. »Ein Volk, durch Jahrhunderte hindurch von den harten Händen des Militarismus und der Bürokratie niedergehalten, zu Knechtseligkeit und dumpfem Gehorsam erzogen, steht auf und handelt.« »Wir haben endlich die revolutionäre Tradition, um die wir andere Völker bisher beneidet haben.« Und auch der bekannte liberale Journalist Theodor Wolff sprach in Berlin von »der größten aller Revolutionen«2.
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