von Ulrich Schödlbauer
In den Regionen, aus denen ich stamme, kursierte einst eine feste Wortverbindung: ›journalistischer Schw**sinn‹. Gemeint war damit nicht, Journalisten seien allesamt Schw**köpfe oder ›produzierten‹ Schw**sinn. Man bewunderte einen kleinen Stamm von Journalisten für ihre Fähigkeit, ›auf den Punkt‹ zu formulieren. Nichtsdestoweniger registrierte man, dass Journalismus, gleich welcher Richtung, dazu tendiert, intellektuelle Unterdifferenziertheit durch Massendistribution zu honorieren. Der angenommene Grund lag also mehr in einer Déformation professionelle als in persönlichem Unvermögen, heute würde man sagen: in den von Journalisten bedienten Formaten.
von Ulrich Schödlbauer
Das große Karthago, orakelte einst Bertolt Brecht, führte drei Kriege. Nach dem ersten war es noch mächtig. Nach dem zweiten war es noch bewohnbar. Nach dem dritten war es nicht mehr aufzufinden. Lange Zeit galten die Sätze als Menetekel des in zwei Weltkriegen besiegten Deutschland, dann, mit steigenden Nuklearkapazitäten der Supermächte, Europas und der menschlichen Zivilisation insgesamt. Inzwischen versetzt der Russland-Ukraine-Krieg, dem Moskau das Etikett ›Krieg‹ hartnäckig verweigert, den dominierenden Teil der Nato-Eliten in einen Rausch der Angstlosigkeit, angesichts dessen der andere Teil sich noch immer erstaunt-verzweifelt die Augen reibt. Soviel Unbedarftheit war nie.
Wodargisten, Wodargiker, Wodargianer. Erzählung
von Ulrich Schödlbauer
Ich bin Historiker. Ich weiß nicht, wie vielen Menschen es bewusst ist, was es bedeutet, heute, im Zeitalter der Verflüssigung der Daten, der Namen und der Vorgänge, Historiker zu sein. Man muss sehr einverstanden sein mit dem Lauf der Welt, manche sagen, mit dem Gang der Dinge, obwohl darin ein Problem liegt (Dinge gehen bekanntlich nicht, es sei denn, es handelt sich um Roboter), um mit dem Auftauchen und Verschwinden von Menschen, Ereignissen und ganzen Epochen Schritt halten zu können.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G