
von Ulrich Siebgeber
1.
Sagt das Ei zur Henne: »Sie haben sich im Wesentlichen erledigt.« Wie das? Hat ihm das ein Verfassungsrichter souffliert? Oder ein Parlamentspräsident? Dass sich die Volkssouveränität »insbesondere in der Setzung einer Verfassung ausdrücke« und sich »damit im Wesentlichen erledigt« habe – so ein Satz, vom amtierenden Parlamentspräsidenten in die gegenwärtige politische Situation geworfen, als habe sich das Ei des Kolumbus endlich Mitspracherechte im Zentrum der Macht erworben, drückt etwas aus, was vielleicht unausgedrückt, als Ferment des Rechts- und Verfassungsstaates, bessere Dienste leistete. So, als politisches Statement, wirft er ein Licht auf die juristische Verwerfung im Selbstverständnis mancher Diener eines Staates, der in der Vergangenheit oft und gern als freiester Staat auf deutschem Boden bezeichnet wurde – was Spötter mangels Konkurrenz stets als ›nicht so schwierig‹ bezeichneten. Zu Unrecht, wie sich nach und nach herausstellt. Freiheit ist schwer – und keineswegs leicht zu begreifen. Man kann sich an ihr auch verheben.
von Lutz Götze
Der Wahlsieg Donald Trumps in den Vereinigten Staaten von Amerika hat die Welt erschüttert. Nahezu alle Auguren und ›Wahlforscher‹ hatten es bis zur letzten Minute für unmöglich gehalten, was jetzt geschehen ist. Sie müssen sich die Frage gefallen lassen, ob sie ihr, von Anbeginn an, unseriöses Geschäft nicht besser einstellen sollten, als weiterhin mit ihren Prognosen das Wählerverhalten zu manipulieren. Der Wahlsieg des Kandidaten der einstigen ›Grand Old Party‹ Abraham Lincolns war kein Betriebsunfall, sondern fügt sich ein in eine lange Kette populistischer, nationalistischer, chauvinistischer, rassistischer und antidemokratischer Entscheidungen der Wähler rings um den Globus. Allzu leichtfertig verkürzt als Meinungsäußerung der ›zu kurz Gekommenen, Abgehängten und Verlierer im Globalisierungswettstreit‹, handelt es sich in Wahrheit um ein Aufeinanderprallen höchst unterschiedlicher Kulturen.
von Gunter Weißgerber
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G