von Heinz Theisen
Einen Endsieg der Ukraine mögen wir uns im Herzen wünschen, aber mit dem Verstand können wir ihn nicht wollen. Russland ist die zweitstärkste Atommacht der Welt und je erbärmlicher und erfolgloser die konventionelle russische Kriegsführung wütet, desto größer wird die Gefahr taktischer Atomschläge. Eine Kapitulation Russlands ist aus der Perspektive der Selbstbehauptung der russischen Führung kaum denkbar.
Andere Gefahren sind ausbleibende Weizenlieferungen nach Afrika und der wirtschaftliche Niedergang Europas. Die dauerhafte Kappung aller Verbindungen zwischen Russland und Europa, wie sie in den Wirtschaftssanktionen auf den Weg gebracht wurden, steht dem Aufbau einer multipolaren Weltordnung entgegen. Sie droht sowohl Russland als auch Europa zu Anhängseln einer bipolaren Ordnung zwischen China und den USA zu machen oder einem Zeitalter endloser Nullsummenspiele den Weg zu bereiten.
von Ulrich Schödlbauer
George Friedman, den breiten Kreisen weniger vertraut als der Boxer George Foreman, aber in der abgehobenen Welt der geostrategischen Berater ein Schwergewicht, hat den USA eine dreifache Krise attestiert: eine ökonomische, eine institutionelle und eine konstitutionelle. Für jede von ihnen zeichnen unterschiedliche Faktoren verantwortlich, aber gemeinsam haben sie das Zeug dazu, Epoche zu machen, d.h. eine Zäsur zu bilden, nach der die Welt ein anderes Aussehen haben wird. Wohlgemerkt, eine Welt, denn drunter machen es die USA nicht, wie einige europäische Staaten, darunter der hiesige, es gerade nicht zu ihrer reinen Freude erfahren. Welch Glück, dass Friedman, gestützt auf eine Zyklenlehre, die wohl uramerikanisches Gottvertrauen voraussetzt, den Zeitraum der Tripelkrise aufs laufende Jahrzehnt begrenzt – ein neuer Präsident wird erscheinen und alles wird gut werden.
Auch wenn wir schon von überstürzter Schnelligkeit im Krieg gehört haben, so haben wir noch nie von einer klugen, aber lang hinausgezögerten Operation gehört. Denn es hat noch nie einen langwierigen Krieg gegeben, der einem Land Nutzen gebracht hat.
Sun Tsi: Die Kunst des Krieges, Ziff. II.6 und 7.
von Helmut Roewer
Deutschland hat in den letzten 110 Jahren zwei Zweifrontenkriege geführt, die als Erster und Zweiter Weltkrieg in die Geschichtstabellen eingegangen sind. Es hat beide Kriege mit Pauken und Trompeten verloren. Vor sieben Monaten hat es erneut einen Krieg eröffnet, indem es in die sogenannten Sanktionen der USA gegen Russland eingestiegen ist, und, während ich diese Zeilen schreibe (Ende September bis Mitte Oktober 2022), ist die deutsche Regierung überdies mutwillig in einen Zweifrontenkrieg eingetreten, indem sie zusätzlich China den Wirtschaftskrieg erklärt hat. Für diejenigen Leser, die das für übertrieben halten, hier die zugehörigen Einzelheiten:
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G