von Ulrich Schödlbauer
In dem Buch von Aleida Assmann, dessen Untertitel »Erinnerungskultur« und »Geschichtspolitik« im Kontext der einen deutschen Vergangenheit miteinander verbindet, umgibt die Rede vom Tätervolk eine Aura des Selbstverständlichen, die wohl mehr über eine gegenwärtige Sprachpraxis in den Kulturwissenschaften aussagt als über den zur Prägnanz drängenden Sachverhalt. Merkwürdig mutet das insofern an, als Assmann gewissenhaft Gesichtspunkte registriert, die zur Kritik gerade dieses Begriffs einladen. Eine unterschwellige Tendenz des Buches scheint zu sagen: Seht her, da ist eine offene Frage, die zu formulieren schwer, vielleicht unmöglich ist, und die dennoch, in unser aller Namen, formuliert werden muss. In unser aller Namen oder in dem eines Dritten, der ungenannt bleibt. Vielleicht auch nicht: Wenn die Widmung den Historiker Reinhart Koselleck als »impliziten Adressaten« des Buches nennt, dann liegt darin mehr als eine höfliche Geste.
von Ulrich Siebgeber
Als die Bildzeitung warb,
die Wahrheit bedürfe des Mutigen, der sie ausspricht,
meldete er sich zur Stelle.
Der Epiker, erfährt man, hat eine löchrige Erinnerung.
Der Epiker, erfährt man, kann nichts dafür.
Der Epiker, erfährt man, kann sich keinen Reim drauf machen, was da passiert ist.
Der Epiker, erfährt man, will es endlich loswerden.
Das Verhältnis von Kultur- und Gesellschaftswissenschaften folgt dem Muster der Konkurrenz: was die einen erforschen, erläutern die anderen schon länger. Wo sie sich aufeinander beziehen, neigen sie zur dogmatischen Verfestigung von Forschungsständen und zu bizarren Reduktionismen. Das neu gegründete Kondylis-Institut für Kulturanalyse und Alterationsforschung (Hagen) ist der Erforschung von Theorien, Modellen und Prozessen kulturellen Wandels angesichts eines nicht länger für zeitgemäß gehaltenen Antagonismus der Disziplinen gewidmet.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G