Vermutungen über Attraktivität, Nutzwert und Chancen einer prekären Existenz*
Es gibt nicht allzu viele Geschichten und Traditionen, die im 21. Jahrhundert noch lebendig sind. Eine davon ist die Erzählung vom Künstler und – auf andere Art – von der Künstlerin. Sie sind erstaunlich gegenwärtig, man findet sie, wie Ostereier, an den merkwürdigsten Plätzen. Zum Mythos von Künstlern gehört, dass sie Avantgarde sind; leidenschaftlich nur ihrem Werk und den eigenen Ideen verpflichtet, schaffen Künstler frei und unabhängig ihre Bilder, Skulpturen oder Dichtungen.
Es bleibt spannend und ich bin neugierig, wie die Geschichte ausgehen wird. Da ich gerne optimistisch bin, wünsche ich dem älteren Herr ›türkischer Herkunft‹, dass seine Idee gehört wird. Er wartet auf eine Demonstration junger muslimischer Männer, die gegen die Übergriffe in Köln auf die Straße gehen und für zivile Umgangsformen demonstrieren. Zarte Ansätze, dass sich sein Wunsch erfüllen könnte, gibt es bereits: http://www.heise.de/tp/artikel/47/47080/1.html
Es gibt Formulierungen, die geeignet sind, das Tor zur Erkenntnis zu öffnen. Kürzlich, als nach langem Ringen neue Kredite für Griechenland bewilligt wurden, war von den besonders schwierigen Verhandlungen im Zusammenhang mit Wohnungen und Häusern die Rede, deren Besitzer ›ihre Kredite nicht bedienen‹ können. Man sieht förmlich, wie die Betroffenen vor der Bank ihren Diener machen, sich um Dienstleistungsjobs bemühen oder katzbuckelnd um Senkung der Zinsen bitten, die sie für ihren Kredit zahlen müssen (und für Ersparnisse nicht bekommen würden).
GLOBKULT Magazin
herausgegeben von
RENATE SOLBACH und
ULRICH SCHÖDLBAUER
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