von Christoph Jünke
Zu den erfrischenden Momenten in unserer Zeit der politischen und intellektuellen Einöde gehören jene, in denen die Medienindustrie meint, vermeintliche Minderheitenmeinungen zu Wort kommen lassen zu müssen. Ein solcher Moment schlug im Mai des letzten Jahres, als die Polit-Illustrierte Stern einen ihrer bewährten Zeitgeist-Autoren nach London sandte, um den altehrwürdigen Eric Hobsbawm zur Krise des Kapitalismus zu befragen.
von Christoph Jünke
Die russische Revolution von 1917 und die durch sie zum Teil ausgelösten, zum Teil nur beförderten weltrevolutionären Prozesse bis mindestens zur Mitte der 1920er Jahre führten nicht zuletzt auch zu einer Umwälzung der Theorie-Debatten, zu dem Versuch verschiedener Denker, ihre revolutionäre Zeit in Gedanken zu fassen. Man findet solche Reflexionen in den Arbeiten von Lenin und Trotzki, Luxemburg und Liebknecht, Bucharin und Preobrashenski, oder, mehr philosophisch, bei Gramsci, Korsch, Bloch und Lukács. So unterschiedlich diese Denker in einzelnen Fragen auch waren, es einte sie, dass sie sich gegen den vermeintlichen Determinismus und Fatalismus der klassischen Sozialdemokratie, gegen Kautsky, Plechanow u.a. wandten und versuchten, den ›subjektiven Faktor‹ in der marxistischen Theorie, den Einbruch der Massen in die Geschicke ihres eigenen Schicksals und das Verhältnis von Theorie und Praxis also, neu zu durchdenken.
von Christoph Jünke
Im Frühling 1966 besuchte eine kleine Gruppe von SDS-Aktivisten, allen voran der spätere ›Rädelsführer‹ der APO-Revolte, Rudi Dutschke, die ungarische Hauptstadt Budapest, um sich mit dem in die Jahre gekommenen marxistischen Philosophen Georg Lukács politisch-intellektuell auszutauschen. Der radikale Berliner Student Dutschke hatte sich schon seit längerem mit dem schillernden Ungarn auseinandergesetzt und plante, ihn zum Thema seiner Doktorarbeit zu machen. Besonders interessiert zeigten sich Dutschke und GenossInnen an jenem jungen Lukács, der zu Beginn der 1920er Jahre, in Zeiten der Aktualität der Weltrevolution, die so genannte Offensivtheorie der internationalen Linken, den sofortigen und bündnispolitisch kompromisslosen Übergang zur revolutionären Aktion, theoretisch zu verallgemeinern suchte. Das Gespräch zwischen den Generationen verlief jedoch nicht ganz so, wie es sich mindestens die jungen SDSler erhofften. Lukács scheint sich von ihrem revolutionären Elan reichlich unbeeindruckt gezeigt zu haben.
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