von Gunter Weißgerber
Wählen aus Mitleid? Mitleid mit wem? Mit einer Partei? Mit der Bundesrepublik? Mit der EU? Oder gar aus Selbstmitleid?
Die Fragen mögen absonderlich klingen, zumal, wenn sie jemand aufschreibt, der vor fast drei Jahrzehnten erstmals frei wählen konnte und dem diese freien Wahlen noch immer heilig sind.
Und dennoch ist es so. Wie mir ergeht es sehr vielen Freiheits- und Demokratie-süchtigen Mitbürgern. Das weiß ich aus ungezählten Gesprächen in West, Ost, Süd, Nord mit Wessis, Ossis, Wossis.
von Heinz Theisen
Warum die Ursachen von Donald Trump als politische Aufgaben erkannt werden müssen
Dass eine politisch unerfahrene, persönlich ungebildete und charakterlich ungefestigte Person wie Donald Trump zum mächtigsten Mann der Welt gewählt wird, muss Ursachen haben. Dass sich unsere politische Klasse bis weit in die Medien hinein weigert, über diese Ursachen nachzudenken, ist verständlich, denn die Hauptursache für Donald Trump ist sie selbst.
Sowohl der Brexit als auch die Wahl von Donald Trump sind als Reaktionen auf eine vorangegangene Ideologisierung von ›Weltoffenheit‹ zu verstehen, die sich in einer historisch beispiellosen Entgrenzungspolitik nach außen und innen niedergeschlagen hatte. Vom spekulativen Kasinokapitalismus der Neoliberalen, der Interventionspolitik der Neokonservativen bis zu den offenen Grenzen der politischen Linken wurde eine universalistische Politik voranzutreiben versucht. Dass die Welt heute aus den Fugen ist, liegt vor allem an diesen letztlich utopistischen Überdehnungen des Möglichen und Sinnhaften.
von Rudolf Walther
Den Begriffen ›Bonapartismus‹ und ›Populismus‹ ist gemeinsam, dass sie quer durch die Geschichte der Gesellschafts- und Herrschaftsformationen ziemlich beliebig verwendbar sind. Für Leo Trotzki etwa fallen die Präsidialregimes unter den Reichskanzlern Brüning und von Papen ebenso unter den Begriff ›Bonapartismus‹ wie die Diktaturen Stalins und Hitlers, Bismarcks Herrschaft oder jene des ›österreichischen Bonapartismus‹. Die Enthistorisierung und Verallgemeinerung des Begriffs ist nicht Marx‘ zuzurechnen, der in seiner Schrift Der achtzehnte Brumaire des Louis Napoleon (1852) eine historisch-politisch und sozialstrukturell präzise beschriebene Herrschafts- und Regierungsform meinte. Engels‘ dehnte den Begriff zur bürgerlichen Herrschaft überhaupt, als er am 13. April 1866 an Marx – der ihm nicht widersprach – schrieb: »Der Bonapartismus ist doch die wahre Religion der modernen Bourgeoisie.«
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