
von Boris Blaha
Die Reaktionen der alt-europäischen Eliten auf die Rede des amerikanischen Vizepräsidenten Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz und der Triumphzug, den sie dem ukrainischen Präsidenten Selenskyi nach dem Eklat, den dieser im Oval Office provozierte, ermöglichten, haben der US-Administration klargemacht: Die dominierende Klasse in den meisten Ländern der Europäischen Union ist sinnvollen Argumenten nicht mehr zugänglich. Amerikas Versuch, ihnen im 20. Jahrhundert ein paar ›basics in politics‹ nahezubringen, sind trotz umfangreicher militärischer und wirtschaftlicher Begleitbemühungen gescheitert. Die europäischen Eliten mussten derweil zur Kenntnis nehmen, dass die Trump-Administration weder die verschärften Zensurbemühungen noch den Notbehelf einer Wahlannullierung goutieren wird. Personalentscheidungen wie Kash Patel (siehe sein Buch ›Government Gangsters‹) dürften auch dem Letzten klar gemacht haben, dass der Anti-Korruptionszug vor den Toren Europas nicht haltmachen wird. Das Tischtuch ist zerschnitten.
von Herbert Ammon
Von Olaf Scholz’ historischer Leistung als Bundeskanzler wird – außer dem Verlöschen der Ampel – nur sein Beitrag zur politischen Rhetorik in Erinnerung bleiben. Nach Putins Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 sprach er bedeutungsschwer von einer ›Zeitenwende‹. Danach bereicherte er das politisch-mediale Vokabular mit dem plebejisch klingenden ›Doppelwumms‹.
Um Scholzens Nachlass, genauer: um die Bewältigung jener Zeitenwende, die nunmehr, akzentuiert durch Selenskyis Abfuhr im Weißen Haus, in Trumps Bemühen um einen Deal mit Putin im Raum der Tatsachen sichtbar wird, kümmert sich seit Beginn der Koalitionsverhandlungen die künftige schwarz-rote Regierung unter Friedrich Merz. Noch wissen wir nicht, wie die Regierungsämter verteilt werden sollen. Gut, Pistorius bleibt, aber bleibt auch Faeser, und wer löst Annalena und Habeck ab?
von Don Albino
Die Sonne, sagt man, scheint über Gerechte und Ungerechte. Ob die Regel auch dann gilt, wenn die Gerechten die Ungerechten und die Ungerechten die Gerechten sind, je nachdem, ob man den Medien Glauben schenkt oder der Realität, also wieder den Medien, zählt zu den Ungewissheiten, welche, gleichsam vom Paradies her, die Menschheitsgeschichte begleiten, und soll uns daher heute nicht wirklich kümmern. Die Wirklichkeit befindet sich eben im Zwiespalt, wie schon das gute alte Wetterhäuschen andeutet, bei dem bekanntlich auf der einen Seite ein Mann und auf der anderen eine Frau herausschaut. Es soll uns, zumindest heute nicht, täuschen, dass die Frau ein freundliches und der Mann ein grimmiges Wetter verheißt. Wir schreiben Montag, den ersten Bruar – das Fe lasse ich, als rostendes Stück Vorgeschichte, weg –, jenseits meines Frühstücksomelettes erhebt sich in fotogener Majestät der Sonnengott Helios aus der Kälte: ein unwiderlegliches Zeichen dafür, dass die Union, wie sie noch immer genannt wird, wieder in ihre ererbte Position als Haupt- und Staatspartei einzurücken gedenkt.
von Gerd Held
Die Überdehnungskrise des größten deutschen Autobauers kann nur mit einer eindeutig defensiveren Grundaufstellung überwunden werden.
(Die Zerstörung der unternehmerischen Vernunft, Teil III)
Die Aufgabe, vor der das Unternehmen Volkswagen steht – und vor der im Grunde auch die deutsche Wirtschaft steht – ist anders und schwieriger als die Aufgabe, die sich in einer Strukturwandels-Krise stellt. Bei so einer Krise weiß man, dass nach schmerzhaften Eingriffen ein sicheres neues Ufer schon da ist. Doch im Fall der Autoindustrie gibt es kein sicheres Ufer namens »Elektro-Automobilität«. Und auch das Ufer »Globalisierung« bietet heute nicht mehr einen konkurrenzlosen Vorsprung und hohe Erträge für die etablierten Automobilhersteller. Die Grundaufstellung, die bisher diese beiden Positionen setzte, erweist sich nun als nicht mehr haltbar. So steht eine schwierige Entscheidung an: Es muss ein strategischer Rückzug angetreten werden.
von Gerd Held
Die Volkswagen-AG ist nicht in eine unhaltbare Position geraten, weil sie zu sehr einem unternehmerischen »Egoismus« gefolgt ist, sondern weil unternehmensfremde Sichtweisen und Ziele dominant geworden sind.
(VW – Die Zerstörung der unternehmerischen Vernunft, Teil II)
Wenn man genau hinsieht, was VW in die Krise gestürzt hat und was das Unternehmen weiterhin in einer unhaltbaren Situation hält, dann sind es nicht Fehlentscheidungen, die aus der inneren unternehmerischen Logik erwachsen sind. Die also auf ein »zu viel« an unternehmerischem Denken zurückzuführen sind. Nein, es sind äußere, unternehmensfremde Sichtweisen und Ziele, die ins Unternehmen eindringen konnten. Der Autobauer wurde dadurch überlastet und in seinem Handeln überdehnt.
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