von Ulrich Siebgeber
1.
Als die große Ratlosigkeit ausbrach,
stand eine Frau an der Spitze des Landes.
Sie lächelte. Nicht viel, fast gar nicht oder, wie man so sagt:
kaum merklich.
Was lächelt die da, fragten die Leute.
Was lächelt die da, wo doch das Unbehagen
in den Gesichtern nistet?
Was lächelt die da, wo doch die Unruhe steigt?
Die Leute fragten nicht viel,
fast gar nicht oder, wie man so sagt:
kaum merklich.
Eine Abmachung bestand
zwischen der Frau an der Spitze des Landes
und dem Volk der Bespitzelten:
Wasch mich nicht, aber mach mir den Pelz nicht nass.
2.
Wer im Trockenen sitzt,
dem ist trocken zu Mute.
Wer im Regen steht,
dem ist nass zu Mute.
Wer in der Gosse liegt,
dem fehlt es am Mute.
3.
Was bekannt ist:
Das Lächeln der Mona Lisa
besitzt eine linke und eine rechte Hälfte.
Genauer gesagt, handelt es sich um Folgendes.
Die rechte Gesichtshälfte lächelt, links
ist das Lächeln erloschen.
Kein Problem für Experten.
Sie schneiden die linke Gesichtshälfte ab
und spiegeln die rechte.
Sieh da: Mona lächelt.
Bald heißt es: Das ist nicht unsere Mona.
Etwas anderes trat an ihre Stelle.
Strahlend, wie jene nie strahlte,
wissend, trotzig fast, entschlossen zu handeln.
Streicht ein, was ihr galt: Trauer,
Verwunderung, freigesetzt
durch das Endspiel von
Vollendung plus Vergängnis
im Konterfei eines Menschen.
Die Experten trennen die rechte Gesichtshälfte ab
und spiegeln die linke. Alles ist wie erwartet.
Kein Lächeln tritt über Lippen,
die ein einziger Schnitt, rasch ausgeführt, schloss.
4.
Das Lächeln der Mona Lisa
besitzt eine linke und eine rechte Hälfte.
Das Lächeln der Mona Lisa
weiß von keiner linken und keiner rechten Hälfte.
So oder so
ist es falsch.