von Ulrich Siebgeber
Dieter Rudolf Knoell: Glassturm. Aphorismen, 104 S., Heidelberg (Manutius) 2005
Die Aphorismen von Knoell sind nett, sauber, knorrig. Sie haben auch Biss, und darauf kommt es an. Liebhaber der alten Rechtschreibung werden sich freuen: es ist der einzige Band der Edition Zeno, der die neue verschmäht. Nicht nur das, er schmäht sie auch. Und nicht zu knapp: die Sippschaft aus ehemals progressiver Sprachwissenschaft, Kultusbürokratie und lärmender Autorenschaft, die nur im Ausnahmefall weiß, worum es geht, macht den Verfasser ausgesprochen beredt. Ähnlich die SPD, der Kapitalismus, Helmut Kohl, Gott, die Kunst, die Frauen und die vergebliche Hoffnung aufs Nachleben. Ein pfiffiger Leser des FAZ-Süddeutsche-Zeit- etc.-Feuilletons und der Scharteken, die damit verkauft werden, er kennt seine Pappenheimer, weiß, sie sind nicht immer von Pappe, bisweilen auch aus Zwirn. Im globalen Dorf vermutet er das Potemkinsche, der Leser stimmt zu, die Leserin hoffentlich auch, obwohl das Buch hin und wieder einen Anflug von Misogynie zeitigt. Wer wirft den ersten Stein? Der Autor, wer sonst.
von Ulrich Siebgeber
Gernot Krämer: Marcel Schwob. Werk und Poetik, Bielefeld (Aisthesis) 2005, 377 S.
Marcel Schwob zum hundertsten Todestag: Werkmonographie von Gernot Krämer
Marcel Schwob einem Publikum zur Lektüre empfehlen, das Martin Walser für einen Klassiker hält, verbietet sich praktisch von selbst. Man kennt Schwob oder man kennt ihn nicht. Wenn hin und wieder versucht wird, ihn über die Bewunderung für seine gut versteckte Gelehrsamkeit zu verkaufen (zuletzt anlässlich Gernot Krämers ebenfalls neu erschienenen Übersetzungsbandes Das gespaltene Herz in der FAZ), dann zeigt das, wie billig man sich das Literarische hierzulande ansonsten denkt. Neu ist das nicht.
von Ulrich Siebgeber
Birgit Lermen/Günther Rüther (Hrsg.): In Gottes Namen? Zur kulturellen und politischen Debatte um Religion und Gewalt. Eine Veröffentlichung der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V., 179 S., St. Augustin 2004
In Gottes Namen? Neues über Religion und Gewalt
Dass auch Gewalt eine Interpretation der Wirklichkeit darstellt - diese nicht nur Historikern und Erziehern geläufige Einsicht einer Versammlung von Religions- und Literaturwissenschaftlern abzuverlangen sollte nicht zu schwer sein, vor allem dann nicht, wenn der Tagungsgegenstand ein Phänomen betrifft, das prinzipiell nicht gerade zu den unerforschtesten zählt. Religiöser, religiös-politischer und 'religiös motivierter' Fanatismus ist weder ein besonderes Kennzeichen des Islam noch ist es gerechtfertigt, dem Islam in pharisäerhaft anmutender Weise eine besondere Anfälligkeit dafür zu attestieren.
GLOBKULT Magazin
herausgegeben von
RENATE SOLBACH und
ULRICH SCHÖDLBAUER
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