von Vladimír Goněc
Die diesjährigen Parlamentswahlen in Tschechiens Abgeordnetenhaus brachten einen politischen Umbruch – die ursprüngliche Reihenfolge auf den Kandidatenlisten wurde total zersetzt, viele problematische Persönlichkeiten wurden aus dem Abgeordnetenhaus gewählt. Dagegen kamen Kandidaten der hintersten Listenplätze in die Kammer. Möglich war dies durch die hohe Zahl an Präferenzstimmen.
von Ulrich Schödlbauer
Die Situation ist also endlich einmal eingetreten: das Volk will einen Präsidenten und die Regierung will einen anderen. Daran wird sich so rasch nichts ändern, nicht bis zum Wahltag und nicht darüber hinaus. Der Präsident aller Deutschen wird in Zukunft ein Präsident gegen das Volk sein, ein vom Volk ausdrücklich nicht gewünschter oberster Volksschauspieler. Für die Regierung mögen das peanuts sein, für Verfassungsrechtler kein Problem. Für die Medien steht die Regierung auf dem Prüfstand: Hält sie? Bricht sie? Wenn sie hält, dann haben auch die Medien kein Problem und alle sehen weiter. Die Regierung ist dabei, das Volk aufzulösen und sich ein anderes zu wählen, und es ist: kein Problem.
von Peter Brandt
Hermann Weber ist – nicht anders als seine Frau Gerda, mit der er über ein halbes Jahrhundert in Liebe und geistiger Eintracht verbunden ist – eine Ausnahmeerscheinung, die aus einer anderen Epoche in die Gegenwart hineinragt. Weber, der im Jahr 2008 achtzig Jahre alt wird, macht sich in seinem jüngsten Buch fast leitmotivisch die bange Frage Heinrich Brandlers (1881-1967, 1921-1923 Vorsitzender der KPD, seit 1928 mit August Thalheimer führende Gestalt der kommunistischen Dissidentengruppe KPD-Opposition) zueigen: »Bin ich verrückt, oder ist die Welt verrückt?« Es mag Hermann und Gerda Weber eine Genugtuung sein, dass nach den Exzessen des Imperialismus und der Weltanschauungsdiktaturen im 20. Jahrhundert sowie der globalen Entgrenzung des Marktkapitalismus an der Wende zum 21. Jahrhundert auch unter Jüngeren die Stimmen wieder zunehmen, die darauf abheben, es sei höchste Zeit, die verrückte Welt gerade zu rücken. Denn die Webers verstehen sich nach wie vor als demokratische Sozialisten in der Tradition der Arbeiterbewegung einschließlich ihres marxistischen Strangs.
Sämtliche Abbildungen mit freundlicher Genehmigung der Urheber. Front: ©2024 Lucius Garganelli, Serie G