Ernst Eichengrün - Aufnahme: ©EE
Ernst Eichengrün
Notizen zur deutschen Politik

 

Ernst Eichengrün, geb. 1934, war 1967-69 Bundessekretär der Jusos, von 1972 bis 1991 Leiter der Abteilung Politische Bildung im Gesamtdeutschen Institut, von 1982 bis 1991 dessen Vizepräsident.

Wir haben uns daran gewöhnen müssen, dass über die Grund-Annahmen der Klima-Politik überhaupt nicht mehr geredet wird. Als da wären: Die Prognosen zur Erderwärmung, die Rolle des CO2, dabei, die bisherigen Klima-Zyklen mit ihren Ursachen, die Rolle extraterrestrischer Ursachen, z.B. der Sonnen-Aktivität, der Anteil menschengemachter Aktivitäten und schließlich – sollten die Grundannahmen der offiziellen Politik überhaupt zutreffen – die Frage der Zeit, die uns für Änderungen bleibt.

Statt rationaler Erörterungen erleben wir eine stark unterkomplexe Darstellung der Problematik, verbunden mit der Verketzerung Andersdenkender, vor allem aber Panikmache allerorten. Zuletzt angeheizt durch die Straßendemos junger Leute. Und hemmungslos verstärkt durch die agitatorische Einseitigkeit vieler Medien. Ein kleines Beispiel. Wenn das öffentlich-linkische Fernsehen über den CO2-Ausstoß berichtet, werden gerne Rauchwolken aus großen Kühltürmen gezeigt. Doch tatsächlich ist das kein Rauch, sondern purer Wasserdampf.

Es darf jetzt in derÖffentlichkeit garnicht mehr um das Ob, das Wie, sondern nur noch um das Wann gehen. Und da gilt nur noch das Schreckensbild des bevorstehenden Weltuntergangs, neuerdings befeuert durch die »Extinction Rebellen«, denen die Medien gerne breiten Raum gewähren. Nachdem sich jetzt die AfD grundsätzlich gegen die Klima-Politik ausgesprochen hat, wird wohl künftig jeder »Klima-Skeptiker« – schon dieses Wort ein Schlagstock – als Nazi diffamiert werden.

Über den der Umweltbewegung inhärenten Trend zum Totalitären ist bereits einiges gesagt worden. Dieser Trend wird immer deutlicher. Zuletzt bei der Rede des Herrn Grönemeyer, den einige Leute für einen Sänger halten, nur weil er am Schluss seiner Rezitative außer Atem gerät und seine Stimme hebt, wobei immer ein Unterton des Beleidigtseins mitschwingt. Er forderte, seine Richtung müsse diktieren, wie die Gestaltung der Gesellschaft auszusehen hat.

Das Ende jeder rationalen Politik ist absehbar. Und auch die Umrisse einer Demontage der repräsentativen Demokratie. Die Forderung des Sachverständigenrats für Umweltfragen nach einem aufschiebenden Vetorechts für einen Rat für Generationengerechtigkeit ist nur ein Beleg dafür. Dessen aufschiebendes Vetorecht im Gesetzgebungsverfahren soll wohl für einen Dauerzustand der Erregung sorgen, wann immer das Politbüro der Potsdamer Klima-Propheten es will.

Welche Arroganz, zu behaupten, die Politiker und die Wähler dächten nicht an die jungen Generationen, sondern sie bräuchten einen Vormund, der ihnen vorschreibt, wo es lang geht. Da wird den Älteren einfach unterstellt, sie dächten nicht von sich aus an ihre Kinder und Enkel!

Von den Vorstellungen der Extinction-Front ganz zu schweigen. Vom Parlament hält sie nicht viel, stattdessen soll eine durch Los bestimmte »Bürgerversammlung« die gesellschaftliche Diskussion führen. Dass dabei kaum an einen echten Diskurs mit dem Ziel eines Kompromisses gedacht ist und wie dort die Debatten geführt werden sollen, wird deutlich, wenn man die Art sieht, in der die Extinction-Vertreter in Diskussionen auftreten: Da wird nur in Erregung gemacht, ständig werden andere unterbrochen. Diese Bürgerversammlung soll nicht gewählt, sondern durch Losentscheid besetzt werden. Damit das halbwegs repräsentativ ist, müssten es schon ein paar Tausend Leute sein. Aber da werden viele diese Rolle ablehnen, weil ihnen – wie dem Medienprodukt Rezo – Politik »zu anstrengend« ist, weil ihnen die Sitzungen nach studentischer Manier zu lang werden oder weil sie es bald leid sind, ständig abweichender Meinungen wegen auf der Anklagebank zu sitzen. Das wird dann ein »Wohlfahrtsausschuss« nach dem Muster vonRobespierre. Diktatur der Tugend.

Und immer deutlicher wird, dass es manchen garnicht mehr um das Klima geht, sondern um die »Große Transformation«. Nachdem weder das Proletariat noch die Studentenbewegung die Erwartungen auf eine Revolutionierung der Gesellschaft erfüllt haben, soll das nun die Klima-Bewegung erreichen: »Change the System!«

Vor diesem Hintergrund ist es nun rerschreckend, wie die Politik reagiert:
Auf der Pressekonferenz der Regierungsparteien im September zum geplanten Klimaschutz-Paket wurde von allen Seiten die Rolle der Freitags-Demonstrationen in den Himmel gehoben. Nicht nur Verständnis wurde geäußert, sondern uneingeschränktes Lob. Das konnte nicht nur als Bejahung von Klimapolitik überhaupt, sondern auch ihrer äußersten Dringlichkeit, als ein Ja zur Panik verstanden werden.
Diese Politiker haben damit ohne Not die Messlatte selbst gelegt, an der sie jetzt von den Klima-Aktivisten gemessen werden.
Diese erhielten den Ritterschlag als Vertreter einer höheren Moral und werden aus dem Kniefall aller Parteien ihr Kapital schlagen.

Wenn das alles nicht so fatal für unser Land wäre, würde ich sagen: Geschieht den Politikern Recht!