von Siegfried H. Seidl
Im Ziel sind Gunter Weißgerber und ich uns einig: Machtwechsel. Vielleicht muss man vorausschicken, dass ich von 1985 bis 2003 SPD-Mitglied gewesen bin. Nach einigen Jahren Abstinenz bin ich 2009 in die FDP eingetreten. Das sind ziemlich verschiedene Welten, aber ich zählte immer zu den Wirtschaftsliberalen, also zu Menschen, die es in der SPD sowieso schwer hatten. Ausgetreten bin ich, weil die Schröder-II-Regierung den Anti-Amerikanismus in meinen Augen salonfähig gemacht hat, und weil sich linksideologische Technokraten in den Gremien zunehmend breit gemacht haben. Da Außenpolitik mein Feld war, konnte ich mit der FDP zu Lebzeiten Hans-Dietrich Genschers nicht viel falsch machen. Gunter Weißgerber war bis 2009 SPD-MdB, zehn Jahre später ist auch er ausgetreten, aus überwiegend innenpolitischen Gründen. Dieses Detail, ich meine das Jahr 2009, ist interessant. Just im Jahr 2009 startete nämlich Guido Westerwelle mit einer 14,6 Prozent FDP eine furiose Wiederauflage der christlich-liberalen Koalition. Was dann folgte, kann man nur beschönigend als Desaster bezeichnen, genau genommen war es die Geschichte einer Vernichtung. Ich erinnere mich genau. Deshalb weiß ich auch, woran es lag.
von Gunter Weißgerber
Seit 2015 fielen in Deutschland Sätze, die vorher kein vernünftiger Politiker abgesondert hätte. Jetzt, wenige Wochen vor dem Zahltag, der in der Demokratie Wahltag heißt, rufe ich einige der Kernsätze in Erinnerung, die das offenkundige Unvermögen wichtiger deutscher Politiker drastisch widerspiegeln. Monty Python könnte noch einmal loslegen.
›Wie soll das funktionieren? Sie können die Grenze nicht schließen‹
Ich beginne mit der Hauptverantwortlichen des Niedergangs, mit Frau Merkel. Die Bundeskanzlerin brach 2015 Dublin-III und ließ eine völlig unkontrollierte Völkerwanderung von tatsächlich Verfolgten und deren Verfolgern aus archaischen Regionen in die Europäische Union (EU) und besonders nach Deutschland zu. Die EU und Deutschland wankten und wanken immer noch. Ungarn rettete die EU, was den Ungarn nicht gedankt wird. Mit den ersten dramatischen Bildern der mit Zuwanderern überfüllten Autobahnen nach Österreich und Deutschland erklärte Frau Merkel in der ARD-Sendung ›Anne Will‹ am 8. Oktober 2015 vor Millionen Zuschauern Wie soll das funktionieren? Sie können die Grenze nicht schließen.
von Gunter Weißgerber
Erwiderung auf den Beitrag von Siegfried H. Seidl
Siegfried H. Seidl wünscht einen Machtwechsel in Berlin. Den wünsche ich ebenso. Der Autor sieht eine Ampel aus SPD, FDP und Grünen als realistische und für die FDP erstrebenswerte Option. Hauptsache die Union ist nicht nur raus, sondern nimmt im Verbund der kommunizierenden Röhren Union/SPD den Platz unterhalb 20 Prozent an Stelle der SPD ein. Er hofft auf drei Hauptentwicklungen, so ich ihn richtig verstehe: Merkel-Entourage weg, FDP in die Regierung, kein Linksrutsch. Liegt er richtig? Doch der Reihe nach:
1) Die Spannung
Stimmt. So spannend und unberechenbar war es vielleicht nicht einmal 1949 zur ersten Bundestagswahl. Im Moment sind noch drei Parteien, sollten die Stimmungsbilder der in Deutschland führenden SPD-Medien zutreffen, nahe der 20-Prozent-Linie. Union, SPD, Grüne. Wobei die SPD den Platz oberhalb der 20 Prozent mit der Union tatsächlich tauschen könnte. Ein Ergebnis von Laschets schwachem Auftritt in Verbindung mit Söders Querschüssen und vor allem Olaf Scholz‘ Erfolg, die SPD und ihren linksgrünen Sektiererflügel zur vorläufigen Ruhe gebracht zu haben. Olaf Scholz verschweigt die SPD. Peer Steinbrück gelang das nicht.
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