von Jobst Landgrebe
Neulich haben die Russen eine neuartige Hyperschall-Mittelstreckenrakete, die Oreschnik, auf die Ukraine abgeschossen. Diese Rakete fliegt mit einer Geschwindigkeit von 12300 km/h, das ist die zehnfache Schallgeschwindikgeit (Mach 10). Die Reichweite dieser Rakete beträgt bis zu 5000 Kilometer. Sie fliegt auf keiner ballistischen Bahn, deren Verlauf man durch Messungen an zwei Punkten auf der Anflugbahn bestimmen könnte, ist durch ein Radar schlecht erfassbar und extrem schnell (3,4 km pro Sekunde) und daher nicht abfangbar.
Wie kann das sein? Warum erträgt diese Waffe eine derart hohe Geschwindigkeit, die doch in der Atmosphäre zu extremer Hitzeentwicklung und Luftwiderstand führt? Bevor wir diese Fragen beantworten, schauen wir uns noch die anderen ›Wunderwaffen‹ an, die Putin 2018 vorgestellt hatte: Nämlich die Kinschal, die ebenfalls Mach 10 fliegt und eine Reichweite von 500 bis 2000 Kilometer hat, und die Kurzstreckenrakete Zirkon, die Mach 8 erreicht und 250 bis 500 Kilometer weit fliegen kann. Dann die Avangard, ein Stratosphären-Gleitflugkörper, der in der Stratosphäre von einer Trägerrakete (wie der Sarmat, siehe unten) abgekoppelt wird und dann auf einer Höhe von 100km mit Mach 20 bis 27 zunächst auf einer ballistischen Bahn fliegt. Er sinkt dann ab und gleitet durch die Atmosphäre, wobei die Bahn nicht mehr ballistisch ist. Bei deren Durchtreten etwa 500 Kilometer vor Erreichung des Ziels fliegt er noch mit Mach 10-14. Die sehr hohe Geschwindigkeit von über Mach 20 in 100 Kilometer Höhe ist nur möglich, weil dort die Moleküldichte im Flugmedium sehr gering ist. Avangard ist fähig, konventionelle oder nukleare Sprengköpfe zu tragen.
Außerdem haben die Russen noch die Burevestnik, einen atomar bewaffneten Marschflugkörper mit Atomantrieb, der eine aus praktischer Sicht unbegrenzte Reichweite hat und in sehr niedriger Höhe mit mindestens Mach 10 fliegt. Sodann die Sarmat, eine superschwere Interkontinentalrakete mit einer Reichweite, die mit über 18.000 Kilometer so groß ist, dass sie Waffen absetzen kann, die über den Südpol fliegend die USA erreichen können. Sie umfliegt damit das Radarsystem der USA im Norden, das darauf ausgerichtet ist, Interkontinentalraketen, die die kurze und jahrzehntelang als üblich angesehene Strecke über den Nordpol nehmen, zu detektieren. Die Sarmat kann mehrere Avangard-Gleitflugkörper und Atomsprengköpfe tragen und ist eine FOBS (Fractional Orbital Bombardment System)-fähige Waffe. Das bedeutet, dass sie in der Stratosphäre Gleiter absetzen kann, die dann auf jedem beliebigen Weg jedes beliebige Ziel auf der Welt erreichen können.
Schließlich verfügen die Russen über die Poseidon-Drohne, die zweimal schneller ist als konventionelle Torpedos (200 Kilometer pro Stunde), mit 1200 Meter Tiefe extrem tief taucht, beliebig manövrieren kann und angeblich kein Geräusch verursacht. Wenn sie Atomsprengköpfe trägt, kann sie vor den Küsten der USA gezündet 500 Meter hohe Tsunamiwellen erzeugen, die riesige Agglomerationsgebiete wie New York, Los Angeles oder San Francisco auslöschen würden.
Warum sind diese Waffen möglich? Was haben sie – abgesehen von der Sarmat – gemeinsam? Das Prinzip der Magnetohydrodynamik, welches wir im Westen in der Waffentechnologie im wesentlichen aufgegeben, die Russen aber seit den 1980er Jahren konsequent weiterentwickelt haben. Der Westen hat – bis auf vergleichbare Torpedos, wir kommen darauf zurück – derzeit keine derartigen Waffen in Serienproduktion. Sämtliche Wikipediaseiten zu den oben zitierten Waffensystemen und die Altbestandsmedien erwähnen und diskutieren die magnetohydrodynamischen Eigenschaften der russischen Waffen nicht, doch findet man bei dem französischen Physiker Jean-Pierre Petit, der von den späten 1960er bis zu den frühen 1980er Jahren auf diesem Gebiet weltweit führend war, eine leidlich brauchbare Übersicht zu dem Thema, die die wesentlichen Zusammenhänge beschreibt.
Warum Magnetohydrodynamik?
Bewegt sich ein Körper in einem Medium, entstehen eine Bug- und eine Heckwelle. Diese Wellen bilden sich, weil sich das Medium rund um den Körper schneller bewegt als das Medium an der Oberfläche. Beispielsweise erzeugt ein Schiff, das auf dem Wasser fährt, eine Bug- und eine Heckwelle, weil das Wasser am Rumpf sich im Vergleich zum Oberflächenwasser schneller bewegt. Des weiteren bildet sich auch Wellenwiderstand am umströmten Körper: »An Körperkanten, die der Anströmung entgegen geneigt sind, tritt eine Druckerhöhung auf, während an den Kanten, die der Anströmung abgeneigt sind, eine Druckverminderung auftritt. Dieser Druck führt zu einer entgegen der Bewegung gerichteten Kraft.« An der Bugwelle steigt aufgrund des Wellenwiderstands der Wasserspiegel an, es entsteht Druck auf den Rumpf des Schiffes, gleichzeitig sinkt der Wasserstand an den Seiten des Schiffes. Insgesamt entsteht ein Druck gegen die Fahrtrichtung, den der Antrieb überwinden muss.
Wenn ein Marschflugkörper oder eine Rakete sich mit Hyperschallgeschwindigkeit bewegen, entstehen ebenfalls Druckwellen an Bug und Heck. Dadurch, dass sich Teile der Luft nah am Flugkörper (viel) schneller bewegen als die Geschwindigkeit des Schalls in der Luft, »ändern sich die Zustandsgrößen nahezu sprunghaft«, es entsteht eine Stoßwelle. Im Hyperschallflug breitet diese sich als Machscher Kegel aus. Am Bug des Flugzeugs entsteht durch die Kompression der Luft Staudruck. Dieser führt gemäß des Gasgesetzes zu einer Erhitzung, weil Druck und Temperatur zueinander proportional sind. Bei einer Concorde (Mach 2) beträgt die Temperatur am maximalen Druckpunkt 250 Grad, am Rumpf aufgrund der Reibung 200 Grad Celsius. Beim US-Kampfjet SR-71 betrug die Temperatur der Cockpit-Scheiben 300 Grad, der Pilot trug einen gekühlten Anzug. Gleichzeitig führt der Wellenwiderstand zu einer erheblichen Erhöhung der Energie, die zur Beschleunigung und Aufrechterhaltung der Geschwindigkeit erforderlich ist. Bei den Geschwindigkeiten der russischen Waffen mit über Mach 8 entstehen noch deutlich höhere Temperaturen, die Luft verwandelt sich unter dem Druck und der Hitze in Plasma, das heißt sie enthält ein Gemisch aus freien Elektronen, Ionen und nicht ionisierten Anteilen (neutralen Atomen und Molekülen). Durch das Vorhandensein von Ionen wird die Luft als Plasma leitungsfähig. Die Geschosse könnten diese Hitze allein mit einer Spezialbeschichtung nicht aushalten und auch die großen Reichweiten nicht schaffen, wenn sie nur passiv der Hitze und dem Wellenwiderstand ausgesetzt wären.
Daher sind bis auf die superschwere Sarmat, die nicht besonders schnell fliegt, alle oben genannten Waffensysteme mit Magnetohydrodynamik ausgestattet, um den Wellenwiderstand zu modulieren. Die Burevestnik und die Poseidon-Drohne haben noch weitere Eigenschaften, auf die wir weiter unten eingehen.
Was ist Magnetohydrodynamik? Sie beschreibt als Teilgebiet der Physik »das Verhalten elektrisch leitender Fluide, die von [elektro-] magnetischen Feldern durchdrungen werden«. Dabei kann es sich auch um Plasmen handeln wie jene, die beim Hyperschallflug an den Tragflächen und Rümpfen der Waffensysteme entstehen; man spricht dann von Magnetoplasmadynamik. Das Grundprinzip der Magnetohydrodynamik kann man sich am besten am magnetohydrodynamischen (MHD) Generator klarmachen. Durchströmen ein Plasma oder eine leitfähige Flüssigkeit ein elektromagnetisches Feld (siehe die Abbildung auf der Wikipedia-Seite) und wird dabei abgebremst, so entsteht Strom. Das Prinzip ist ähnlich wie das des klassischen Generators, bei dem ein Leiter in einem Magnetfeld bewegt wird und dadurch Strom entsteht.
Die Lorentzkraft erzeugt nämlich eine Potentialdifferenz und damit eine elektrische Spannung zwischen den Enden des Leiters. Beim MHD-Generator entsteht Strom, indem das geladene Plasma mit mechanischer Energie ein Magnetfeld durchströmt. Nun kann die Lorentzkraft ungleiche Ladungen im Plasma trennen, die sich an dafür vorbereiteten Kollektoren ansammeln. Dadurch entsteht aus mechanischer Energie direkt elektrische Energie. Beispielsweise kann ein Pavlovski-Generator durch explosionsartige
Verbrennung von mit Caesium dotierten Festbrennstoffen und die anschließende Abbremsung des Plasmaflusses in einem MHD-Generator minutenlang über 10 Megawatt Strom produzieren. Die Kinschal-Waffe hat einen derartigen Generator. Wozu wird der entstehende Strom verwendet?
Die Wirkung eines MHD-Plasma-Akzelerators
Wichtig ist es, zu verstehen, dass sich bei Eintritt des Plasmas in den MHD-Generator, das sich dabei verlangsamt, eine Schockwelle gegen die Richtung des Plasmaflusses aufbaut, also durch die Bremsung eine steile Mach-Welle entsteht, vergleichbar der Welle am Bug eines Schiffs. Umgekehrt ist es auch möglich, durch Anwendung elektrischer Ladung auf ein Plasma den Plasmafluss zu beschleunigen und dadurch steile Mach-Wellen zu glätten. Dann arbeitet die MHD-Maschine nicht als Generator, sondern als Beschleuniger des Plasmas – wie ein Elektromotor, als MHD-Akzelerator: Strom wird in Kraft verwandelt.
Auf diese Weise wirkt das elektromagnetische Feld der Bildung von Wellenwiderstand entgegen und erzeugt durch die Lorentz-Kraft gleichzeitig einen Schub senkrecht zur Ebene aus geladenen Teilchen und Magnetfeld. Sobald das Geschoss so schnell wird, dass sich durch die Durckhitze ein Plasma bildet, wird der Strom, den der MHD-Generator eines Kinschals erzeugt, an die Oberfläche des Geschosses geführt, um dort mit Hilfe von in geeigneter Weise ausgerichteten, über die gesamte Außenfläche des Geschosses verteilten Spulen ein elektromagnetisches Feld aufzubauen, das Lorentz-Kraft erzeugt. Dies hat folgende Effekte:
1. Es entsteht nahe der Oberfläche des Geschosses ein magnetisches Feld, das zu einer Verflachung der Wellen des Plasmas führt. Dadurch wird der Wellenwiderstand der Schockwelle, die sich am Bug und Heck des Geschosses bildet und die für die Beschleunigung des Geschosses benötigte kinetische Energie des Antriebs erhöht, gesenkt. Das Geschoss benötigt weniger kinetische Energie, um bei derselben sehr hohen Geschwindigkeit zu fliegen. Seine Reichweite steigt (beim Burevestnik ist die Reichweite aber de facto unendlich, siehe unten). Das Feld selbst hat nur eine sehr kurze Reichweite, seine Stärke ist umgekehrt proportional zum Radius.
2 Die Lorentzkraft beschleunigt das Plasma und trägt dadurch zur Fortbewegung des Geschosses bei und macht es lenkbar (siehe Punkt 5).
3. Das Feld reduziert durch die Glättung der Mach-Wellen den Bug- und Rumpfdruck. Damit sinkt auch die Erhitzung des Plasmas und senkt die auf das Geschoss wirkende Hitze so stark, dass das Material der verbleibenden Hitze standhalten kann. Dadurch sind die hohen Geschwindigkeiten über Mach 10 überhaupt erst möglich – allein mit Materialoptimierung gelänge es nicht. Die krasse Geschwindigkeit über Mach 24 ist dem Avantgard nur in der Stratosphäre möglich, weil sich dort durch die extrem dünne Luft erst bei hoher Geschwindigkeit ein heißes Plasma aufbauen kann.
4. Das elektromagnetische Feld rund um das Geschoss schützt es vor Laserstrahlen, die gegen das Geschoss zur Anwendung gebracht werden könnten.
5. Durch eine Modulation des elektromagnetischen Feldes lässt sich das Geschoss auch bei extrem hoher Geschwindigkeit navigieren, indem die Wirkung der Lorentz-Kraft auf einer Seite gedrosselt werden kann, so dass das Geschoss dorthin abbiegt. Diese Navigation durch Feinmodulation des MHD-Akzelerators ist in allen drei Raumachsen möglich, das Geschoss kann auch Kurven fliegen und gleichzeitig fallen oder steigen und dabei seine Geschwindigkeit ändern. Es fliegt nicht auf einer ballistischen Bahn.
Mit dieser Technologie sind alle Hyperschallwaffen der Russen ausgestattet (Sarmat nicht). Die Russen arbeiten seit den 1980er Jahren an dieser Technologie. Obgleich ihre Theorie seit den 1950er Jahren bekannt und es experimentelle MHC-Generatoren und -Akzeleratoren seit den 1960er Jahren gibt, hat der Westen diese für Luftgeschosse nicht weiterentwickelt. Ohne diese Technologie lassen sich keine Hyperschallluftwaffen bauen, die mit deutlich mehr als Mach 4 bis 5 fliegen. Die Theorie so sauber in die Praxis umzusetzen, dass zuverlässige Waffen entstehen, dürfte sicherlich mindestens 10 Jahre dauern. Auch wenn der Westen 2018 damit begonnen hat, werden wir wohl erst in einigen Jahren eine Serienproduktion sehen. Erste Tests der Amerikaner sollen diesen Sommer erfolgreich gewesen sein.
Allerdings haben laut Petit sowohl Russen als auch Amerikaner in ihrem Waffenarsenal MHD-Torpedos, die über einen MHD-Generator und einen MHD-Akzelerator verfügen (über ein US-MHD Torpedo konnte ich sonst keine Quellen finden). Das Wasser hat eine viel höhere Teilchendichte als Luft, daher bewegen sich Torpedos viel langsamer als Luftgeschosse und haben kurze Reichweiten. Die russische Poseidon-Drohne hat keinen MHD-Generator, sondern einen Natrium- oder Kalium-gekühlten Atomreaktor. Dadurch ist ihre Reichweite für praktische Zwecke unbegrenzt. Sie verfügt über einen über die ganze Außenfläche der Drohne verteilten MHD-Akzelerator, der die Ladung des Wassers nutzt, um wie oben beschrieben mit Hilfe der Lorentzkraft den Wellenwiderstand des Wassers zu reduzieren und auch für Antrieb zu sorgen. Falls das Feld des MHD-Akzelerators so stark ist, dass es alleine den Antrieb bewerkstelligen kann, bewegt sich die Drohne lautlos (ob das der Fall ist, weiß ich nicht).
Was hat es mit dem Atomantrieb auf sich?
Die Poseindon-Drohne und der Marschflugkörper Burevestnik haben beide einen Atomantrieb. Dadurch können sie für praktische Zwecke betrachtet unendlich lange Strecken zurücklegen. Bei der Burevestnik lohnt sich ein Blick auf die Technik. Die Russen haben hier eine Idee der US-Pluto-Marschflugkörper aus den 1950er Jahren wieder aufgenommen, perfektioniert und miniaturisiert. Ihr Marschflugkörper wird konventionell auf Mach 3,6 beschleunigt. Dann ist der Lufteinstrom in das Geschoss, das wie ein Strahltriebwerk aufgebaut ist, so groß, dass hinter dem Verdichter ein Druck von 21 bar und eine Temperatur von 500 Grad Celsius erreicht wird. Dahinter kommt ein Kernreaktor, der subkritisch moduliert wird, bis er in Betrieb genommen werden soll. Dann wird die Modulation entfernt, der Reaktor wird kritisch und es kommt zu einer Kernspaltungskettenreaktion mit Hitzeentwicklung. Der Reaktor ist aus hexagonalen Röhren aufgebaut, die im Querschnitt wie bei einer Bienenwabe aussehen. Die 500 Grad heiße Luft durchströmt den Reaktor und entzieht ihm Hitze, wobei sie sich auf 1200 Grad erwärmt, dies ist die Brennkammer des Triebwerks.
Ob eine Turbine vorhanden ist oder nur ein einfacher Verdichter, geht aus den Zeichnungen Petits nicht hervor. Am Ende wird die heiße Luft durch eine Düse ausgestoßen und sorgt für den Antrieb. Da Burevestnik in sehr niedriger Höhe mit Mach 10 fliegt, muss er wie die anderen Hyperschallwaffen über einen die gesamte Außenfläche bedeckenden MHD-Akzelerator verfügen, dessen Strom der Marschflugkörper selbst generiert (wahrscheinlich im Strahltriebwerk, dessen Details unbekannt sind).
Was bedeutet das?
Fassen wir zusammen. Die Russen verfügen über mindestens fünf Typen von mit MHD-Technik ausgestatteten, unterschiedliche Reichweiten und Gefechtskopfbestückungs- und Abschussmöglichkeiten abdeckende Luftgeschossen (darunter den Gleiter Avantgarde), eine superschwere Interkontinentalrakete, die über den Südpol die Warnsystem der USA umfliegen und Avantgarde-Gleiter absetzen kann, und eine MHD-Unterwasserdrohne. Der Westen hat immerhin wahrscheinlich (laut Petit) ein MHD-Torpedo, aber noch keine Luft-Hyperschallwaffen in Produktion. Die Russen sind uns bei Angriffswaffen überlegen, und wahrscheinlich auch im Bereich der Luftabwehr (wovon dieser Artikel nicht handelt). Ihre Hyperschallwaffen können wir jedenfalls nicht abwehren, und sie sind mit Gefechtsköpfen unterschiedlicher Bauweise bestückbar.
Wie ist es so weit gekommen? Was bedeutet das für unsere Sicherheit? Die Russen haben mit einem Bruchteil der Ausgaben des US-Rüstungskomplexes auf Qualität statt Quantität gesetzt und ein kombiniertes konventionelles und atomares Abschreckungsarsenal aufgebaut, das jeglichen Versuch, Russland ernsthaft anzugreifen, unglaubwürdig macht. Mit ihren Hyperschallwaffen können die Russen ihren Feinden bei Bedarf beliebigen Schaden zufügen, der nicht abwendbar ist. Wie die Oreschnik zeigt, geht dies auch ohne nukleare Gefechtsköpfe. Wir haben Russland jahrelang unterschätzt und uns auf der technischen Überlegenheit, die wir vor dreißig Jahren hatten, ausgeruht. Russland weist trotz des Zusammenbruchs der UdSSR eine sehr hohe kulturelle Kontinuität auf, die sich auch auf Rüstungsprojekte erstreckt. Mit erstklassiger Physik und viel Geduld haben die Russen seit den 1980er Jahren ein furchtbares MHD-Abschreckungsarsenal aufgebaut, vor dem keine US-Militärbasen und keine Flugzeugträger sicher sind. Dass unsere Medien davon nicht ernsthaft berichten, sondern wie die einschlägigen Wikipediaseiten die Leistungen der Russen in Frage stellen und die MHD-Technik nicht einmal erwähnen, ist Ausdruck der Weigerung oder Unfähigkeit, sich mit der Realität russischer Waffentechnologie auseinanderzusetzen und Russland als High-Tech-Land zu würdigen. Dadurch verbleiben wir in einer selektiven Wahrnehmung, die es uns erschwert, die internationalen Konflikte zu verstehen und zu lösen. Wir setzen zumindest im öffentlichen Diskurs als Blinde auf Konfrontation.
Was können wir daraus lernen? Russland muss nicht unser Feind sein. Russland will nicht den Westen angreifen oder zerstören, wohl aber seinen cordon sanitaire als internationale Großmacht absichern und dem Westen den Zugang zu den Rohstoffen im Donbas versagen. Wir sollten dies nolens volens akzeptieren und Frieden schließen, um wieder an die guten Beziehungen anzuknüpfen, die wir seit Jahrhunderten mit Russland pflegen. Wir sollten nicht noch mehr Geld und Geist für Rüstung verschwenden, sondern es für die Erforschung sicherer grundlastfähiger und sauberer Energieversorgungsquellen einsetzen, nämlich für sichere Kernspaltung und Kernfusion.
Literatur
[A] Russische Waffen aus Sicht des Westens
https://de.wikipedia.org/wiki/Oreschnik_(Rakete)
https://en.wikipedia.org/wiki/Russian_super_weapons
https://en.wikipedia.org/wiki/RS-28_Sarmat
https://en.wikipedia.org/wiki/9M730_Burevestnik
[B] Physik und Technik
https://de.wikipedia.org/wiki/Magnetohydrodynamik
https://www.jp-petit.org/
https://www.jp-petit.org/nouv_f/dessins/2022-05-02%20MHD%20pour%20PLS.pdf
https://www.jp-petit.org/Disclosure/Annex_3/Annex_3.htm
https://de.wikipedia.org/wiki/Strömungswiderstand#Wellenwiderstand
https://de.wikipedia.org/wiki/Stoßwelle
https://de.wikipedia.org/wiki/Magnetohydrodynamischer_Generator
https://de.wikipedia.org/wiki/Lorentzkraft
https://de.wikipedia.org/wiki/Turbinen-Strahltriebwerk#Komponenten --