Auch wenn wir schon von überstürzter Schnelligkeit im Krieg gehört haben, so haben wir noch nie von einer klugen, aber lang hinausgezögerten Operation gehört. Denn es hat noch nie einen langwierigen Krieg gegeben, der einem Land Nutzen gebracht hat.
Sun Tsi: Die Kunst des Krieges, Ziff. II.6 und 7.

 von Helmut Roewer

Deutschland hat in den letzten 110 Jahren zwei Zweifrontenkriege geführt, die als Erster und Zweiter Weltkrieg in die Geschichtstabellen eingegangen sind. Es hat beide Kriege mit Pauken und Trompeten verloren. Vor sieben Monaten hat es erneut einen Krieg eröffnet, indem es in die sogenannten Sanktionen der USA gegen Russland eingestiegen ist, und, während ich diese Zeilen schreibe (Ende September bis Mitte Oktober 2022), ist die deutsche Regierung überdies mutwillig in einen Zweifrontenkrieg eingetreten, indem sie zusätzlich China den Wirtschaftskrieg erklärt hat. Für diejenigen Leser, die das für übertrieben halten, hier die zugehörigen Einzelheiten:

Die Sache mit den zwei Fronten: Erster und Zweiter Weltkrieg und der Einstieg in den Wirtschaftskrieg nach zwei Seiten im Jahre 2022

Erster Versuch: Deutschland ließ sich 1914 auf einen Zweifronten-Krieg mit Frankreich und Russland ein, weil seine Strategen glaubten, hierfür ein passendes Rezept zu haben, den Schlieffen-Plan. Er besagte: Im Westen wird Frankreich in einem Blitzfeldzug niedergeworfen, noch ehe im Osten die russische Dampfwalze in Bewegung gekommen ist. Ein guter Plan, in der Tat. Er war am 1. August 1914, dem ersten Tag des Krieges, bereits gescheitert, als eine kampfkräftige russische Armee von knapp 100 000 Mann, von Osten kommend, in Ostpreußen einfiel.

Das Scheitern wurde unübersehbar, als es zudem im Westen innerhalb eines Monats nicht gelang, die französische Hauptmasse zu umfassen und zu vernichten. Die Geschichtsbücher sprechen hier von der Schlacht an der Marne. Trotz dieses Scheiterns, das der deutschen Führung keineswegs verborgen blieb, kämpfte man weiter, 4 Jahre lang, bis Deutschland militärisch und wirtschaftlich am Boden lag.

Zweiter Versuch: A.H., der deutsche Führer, kannte diese Lehren sehr genau und glaubte, sie genial zu beherrschen. Für den 1. September 1939 befahl er den deutschen Einmarsch nach Polen. Ob es hierfür – aus deutscher Sicht – gut nachvollziehbare Gründe gab, ist umstritten und wird hier nicht diskutiert. Klar ist aber, dass der Plan des deutschen Führers, Deutschland in jedem Fall einen Zweifrontenkrieg zu ersparen, woran er felsenfest glaubte, am 3. September 1939, dem dritten Tag des Krieges, gescheitert war, denn an diesem Tag erklärten Frankreich und Großbritannien Deutschland den Krieg.

Was das bedeutete, war etlichen deutschen Strategen klar. Dennoch führten sie weitere fünfeinhalb Jahre Krieg, bis Deutschland restlos am Boden lag und in seiner staatlichen Existenz ausgeschaltet wurde.

Eine ergänzende Bemerkung für diejenigen meiner potenziellen Kritiker, die mit gutem Grund behaupten können, dass die Handlungen der Feindstaaten in beiden Kriegen vor Kriegsbeginn und während des Krieges alles andere als friedfertig waren. Hier meine Antwort: Es war in beiden Fällen der souveräne Entschluss deutscher Regierungen, in den Krieg zu ziehen. Niemand machte sich die Mühe, als Politik-Ziel Nummer Eins die Verhinderung eines Krieges zu formulieren, geschweige denn danach zu handeln.

Dritter Versuch: Seit Sommer 2022 befindet sich Deutschland in einem erneuten Anlauf, einen Krieg nach zwei Seiten erfolgreich führen zu wollen. Es kämpft an zwei Fronten – gegen Russland und gegen China. Noch ist dieser Krieg ein Wirtschaftskrieg und keiner, an dem es mit militärischen Mitteln selbst teilnimmt. Aber das kann sich blitzschnell ändern, nachdem es dazu übergegangen ist, Kriegsgerät an einen der beiden Kriegsschauplätze zu liefern, wo bereits mit militärischen Mitteln gekämpft wird. Gehen wir im Folgenden an beide Kriegsschauplätze.

Krieg gegen Russland: Der Ukrainekonflikt und die deutsche Beteiligung

Die Nach-Wende-Auseinandersetzungen um die Ukraine gehen in ihr viertes Jahrzehnt. Sie werden von den USA und Russland orchestriert. Beide Großmächte haben in Bezug auf das Land Politikziele, die nicht zusammenpassen: Russland hält die Ukraine für einen Teil des eigenen Territoriums, der 1991 abhanden kam, die USA sehen in der Ukraine ein strategisches Werkzeug, um erneute russische Großmachtambitionen ein für alle Mal zu beenden.

Stufe um Stufe ist diese Auseinandersetzung eskaliert, bis sie schließlich in ein russisches militärisches Eingreifen einmündete. In den sich nunmehr hochschaukelnden militärischen Auseinandersetzungen hat Deutschland nach einigem Zögern im März, April 2022 nunmehr insofern Partei ergriffen, als es die Kriegshandlungen der USA und anderer Nato-Staaten aktiv unterstützt, wobei es u.a. Waffen und anderes Kriegsgut in die Ukraine liefert. Zudem hat sich Deutschland gegenüber Russland ebenfalls den Vorgaben aus Washington angeschlossen und den Wirtschaftskrieg (genannt: Sanktionen) eröffnet.

Dieser Wirtschaftskrieg ist – entgegen den ursprünglichen Propaganda-Ankündigungen – keinesfalls für Russland tödlich ausgegangen, sondern in einer Weise eskaliert, dass er die an den Boykottnahmen teilnehmenden Staaten stärker triff als Russland – am stärksten aber Deutschland. Hierfür gibt es lange zurückliegende Ursachen, die vor allem in der sog. Energiewende zu suchen sind. In aller Kürze:

Die Energiewende besteht nämlich aus zwei Elementen, einer Illusion und einem Vabanque-Spiel. Die Illusion baut auf einem Märchen auf, in welchem erzählt wird, dass Deutschlands Bedarf an elektrischer Energie aus Windmühlen gedeckt werden kann, und das Vabanque-Spiel beinhaltet den Glaubenssatz, dass, wo das Windmühlenwunder aus Flaute-Gründen nicht möglich ist, auf Gaskraftwerke zurückgegriffen werden kann und muss. Zum Erstaunen des Publikums bricht sich nunmehr die Erkenntnis bahn, dass man für den Betrieb der Gaskraftwerke Gas benötigt, welches, plötzlich und immer noch unfassbar, wegbleibt, weil man sich mit dem Hauptlieferanten – in diesem Fall Russland – mutwillig überworfen hat. In einfacher Sprache:

Exkurs: Die Sache mit den Ostsee-Pipelines Northstream I & II und deren Sprengung

Für Gaskraftwerke wird Gas benötigt. Das Gas bezog man aus Russland. Für den Antransport dieses Gases gab es mehrere Wege. Es waren Pipelines, die durch andere Staaten führten und noch führen. Daneben existierte seit gut zehn Jahren die Ostseepipeline Northstream. Parallel zu dieser wurde seit mehreren Jahren an einer zweiten Pipeline durch die Ostsee gebaut (Northstream II). Sie wurde zum Jahreswechsel fertig, aber niemals in Betrieb genommen. Ein Herr Müller, welcher der Bundesnetzagentur vorsteht, erklärte im Januar 2022, der Betrieb dieser Pipeline sei ›nicht genehmigungsfähig‹. Mit dieser scheinbar juristischen Vokabel wurde umschrieben, dass die Grünen, denen der Herr Müller offenbar zuarbeitet, den Betrieb von Northstream II für politisch unerwünscht halten, weswegen er verhindert werden müsse.

Dem Exekutor grüner Wolkenkuckuckspolitik wurde von der mutmaßlichen grünen Parteifreundin Luisa Neubauer assistiert. Fräulein Neubauer brüstete sich, eine Pipeline in die Luft sprengen zu wollen. Strafrechtlich gesehen handelt es sich hier um die Ankündigung eines Sprengstoff-Verbrechens. Ich habe nichts davon gehört, dass die für terroristische Straftaten zuständige Bundesanwaltschaft eingeschritten wäre.

Bis Ende Februar 2022 war die Verhinderung von Northstream II lediglich ein grünes Kuscheltier, seither – und zwar genau nach Rückkehr von Bundeskanzler Scholz aus Washington – ist das Aus der Pipeline offizielle Regierungspolitik. Scholz folgte offensichtlich US-amerikanischen Vorgaben, zumal er sich vor der Reise anders geäußert hatte. Durch was er zum Einlenken gezwungen wird, kann bestenfalls spekulativ beantwortet werden. Klar ist hingegen, dass es vorher nicht an regierungsamtlichen Äußerungen gefehlt hat, dass die USA Nothstream II verhindern würden. Die letzten einschlägigen Ansagen erfolgten zu Jahresbeginn 2022. Sie waren mit dem Hinweis versehen, dass die USA auch die Mittel hätten, ihre Forderung durchzusetzen. Zum Beispiel:

›Wenn Russland in die Ukraine einmarschiert, wird Northstream II in der einen oder anderen Weise nicht weitergehen.‹ So die stellvertretende US-Außenministerin Victoria Nuland am 27. Januar 2022 in Washington DC. Am 9.3.2022 wurde sie bei einer Befragung im Kongress noch deutlicher: ›Ich denke, dass Northstream II jetzt tot ist.‹ US-Präsident Biden tutete ins selbe Horn: Im Februar 2022 erklärt er in einer Pressekonferenz in Gegenwart des Bundeskanzlers, dass die USA die Eröffnung von Northstream II nicht dulden würden und – auf Nachfragen – dass sie die Mittel hätten, ihre Auffassung durchzusetzen. Biden wiederholt im Juli 2022 öffentlich seine Bemerkungen vom Februar.

Deswegen konnte sich niemand wundern, als die Röhren schließlich im September 2022 durch Sprengungen unbrauchbar gemacht wurden. Diesen Sprengungen war russisches Regierungshandeln unmittelbar vorausgegangen. Hierbei ging es um das Zusperren der Gaszufuhr durch Northstream I. Unbeschadet der Frage, ob dieses Zusperren technisch unabweisbar war, wie von russischer Seite behauptet, sind zwei russische zusätzliche Äußerungen zu bewerten, die nicht hundertprozentig harmonieren. Hierbei ging es zum einen um den Hinweis, dass Northsteam I erst wieder geöffnet würde, wenn Deutschland die gegen Russland verhängten Sanktionen aufhebe, und zum andern um den nahezu hämischen Hinweis, dass, wenn Deutschland denn das Russengas brauche, man dieses durch Northstream II beziehen könne.

Das politische Schachspiel schien dann mit der Sprengung der Röhren gegenstandslos geworden zu sein. Es wurden sozusagen Nägel mit Köpfen gemacht, die jedes Verhandeln obsolet machen würden. Deswegen gehe ich in einem zweiten Exkurs der Frage nach: Was passierte da, und wer war das?

2. Exkurs: Tat und Täter des Sprengstoffverbrechens vor Bornholm

Die vom Northstream-Betreiber Gazprom & Co festgestellten Leckage an den Röhren ließen wegen des schlagartigen Absinkens des Gasdrucks bis auf das Wasserdruck-Niveau keinen Zweifel zu, dass es sich hier um eine gezielte Sprengaktion gehandelt haben muss. Die Sprengungen wurden auch von den See- und Erdbeben-Seismographen aufgezeichnet. Die aufsteigenden Gasblasen taten für die Kenntnis des Geschehens ein Übriges.

Schnell kamen Gerüchte und deren Bestätigung durch angebliche Tauchexperten auf, dass die Tat so etwas wie ein Workshop der Klimaidioten gewesen sei, zumal deren Hätschelkind, das Fräulein Luisa, sich bereits einschlägig geäußert habe – eine vorweg genommene Tatbekennung, sozusagen. Doch ach, davon ist wenig zu halten. Vielmehr waren die Anschläge das Werk militärischer Spezialisten. Es war zudem, wie wir bereits gesehen haben, ein Verbrechen mit Ansage: Die Betrachtung der Chronologie lässt keinen Zweifel aufkommen, wer hier tätig wurde.

Die Ansagen aus den USA lesen sich wie die einschlägigen Gepflogenheiten von Berufsverbrechern vor der Gewaltanwendung. Sie zeigen dem Gegner – wie es in diesen Kreisen heißt – die Waffen. Ich erinnere mich deutlich an den veränderten Gesichtsausdruck von Scholz vor und unmittelbar nach seiner USA-Reise im Februar 2022. Er wirkte sichtlich erschüttert, als er hernach – für mich überraschend – das endgültige Aus von Northstream II verkündete. Man hatte ihm in Washington etwas gesagt, nur was, das war unklar. Zudem unterlag ich, wie wohl manch anderer auch, der Fehlvorstellung, die Zerstörungsankündigung durch Biden für das verwirrte Gerede eines Senilen zu halten. Senil mag zutreffen, sonst hätte er nicht öffentlich bekannt gemacht, was offenbar auf seinem Sprechzettel für den Empfang des Bundeskanzlers stand. Er sprach also die Wahrheit, wenngleich nicht geplant.

Unmittelbar nach den Anschlägen kam in den Mainstreammedien die Behauptung auf, dass die Russen selbst die Täter gewesen seien. Wie man allerdings angesichts der für Deutschland fatalen Ereignisse glauben kann, die Russen hätten ihre eigenen Pipelines mit militärischer Gewaltanwendung zerstört, ist mit Mitteln der Logik nicht nachzuvollziehen. Dass man dergleichen glauben machen will, hingegen schon, denn die einflussreichsten Mainstreammedien befinden sich in Deutschland fest in US-amerikanischer Hand.

Es ist eine Ironie der Geschichte, dass polnische Offizielle den USA unverzüglich für die Zerstörung von Northsteam gedankt haben. Die Polen hatten die Tat jahrelang öffentlich gefordert und sind nun stolz darauf, dass die Sache endlich erledigt wurde. Sie sind ein fragwürdiger Verbündeter, weil sie Befriedigung zeigen, wenn uns jemand schadet. US-Außenminister Blinken setzte noch eins drauf, indem er der Welt mitteilte, was für eine prächtige Gelegenheit die Zerstörung der Röhren sei, um die Abhängigkeit von russischer Energie ein für allemal zu beseitigen.

Um es noch einmal zu sagen: Es war keine Gurkentruppe à la Kindergarten Neubauer & Co, denn das Sprengstoffverbrechen von Bornholm bedurfte sachkundiger Erkundung, Logistik und Manpower, denn: (1) Die Sprengung eines von Beton ummantelten Stahlrohrs ist ein professionelles Kunststück. Sie bedarf großer Mengen von hochexplosivem Sprengstoff, vermutlich im Tonnenbereich, da es wahrscheinlich keine Verdämmungs-Möglichkeit gab, sodass die Sprengladungen aufgelegt werden mussten. Die Menge des benötigten Sprengstoffs verweist die Fabeln von Schlauchboot-Abenteuern in das Reich der Greenpeace-Märchen und erklärt zudem die enorme Druckwelle, die in der Ostsee erzeugt wurde.

(2) Die Täter legten Wert darauf, dass die Sprengstellen nicht im Hoheitsbereich eines der Anrainerstaaten lagen. Die Umsetzung erforderte exakte Aufklärung und Navigation. Nötig war zudem die Vorerkundung des richtigen Zeitpunktes für die Sprengvorbereitungen, um einer fast naheliegenden Entdeckung zu entgehen.

(3) Die Durchführung der Sache unter Wasser bedurfte eines professionellen Taucherteams mit allem Zubehör fürs Tieftauchen und den Munitionstransport. Es bedurfte zudem der rechtzeitigen und heimlichen Beschaffung des für Unterwassersprengungen geeigneten Sprengstoffs und der zugehörigen wasserdichten Zünder und der Installierung von Fern- oder Zeitzündern. Letztere sind deswegen unwahrscheinlich, weil die Täter es vermeiden mussten, zufällig über Wasser anwesende Fremde in Mitleidenschaft zu ziehen.

(4) Ein US-Flottenverband fuhr wenige Tage vor den Sprengungen vom Fehrmann-Belt kommend südlich an Bornholm vorbei Richtung Osten. Er berührte, um es höflich zu sagen, die späteren Sprengstellen. Es wäre diesem Flottenverband ein Leichtes gewesen, die einschlägigen Arbeiten in seinem Schutz durchführen zu lassen. Wie schon gesagt: Installierung und Sprengzeitpunkt lagen auseinander.

(5) Zu Zeit der Sprengungen flog ein großes, nicht identifiziertes Flugobjekt (mit Sicherheit kein Ufo) von Polen kommend über die Insel Bornholm, wo es aus der konventionellen Flugsicherung entschwand. Da dies nicht das Bermuda-Dreieck ist, wird es seine Ortungssysteme abgeschaltet und irgendwo hingeflogen sein. Bekannt ist zudem, dass es zuvor aus Richtung der Färöer-Inseln über den Atlantik gekommen war, in Polen in der Luft durch ein aus Deutschland kommendes Tank-Flugzeug vom Typ KC135 der US Air Force aufgetankt wurde, bevor es dann seinen Rätselflug ins Zielgebiet unternahm. Ich denke mal, es sollte nicht den dänischen Schollenfischern Demokratie und Menschenrechte bringen, sondern die Ergebnisse der Sprengungen in Echtzeit nach Washington liefern. Es ist auch denkbar, dass von diesem Flugzeug aus die Sprengladungen gezündet wurden, nachdem seine Besetzung festgestellt hatte, dass die Luft über den Sprengstellen rein war.

Man muss kein Hellseher sein, um voraussagen zu können, dass es bezüglich der Täterschaft der Anschläge keine ernst zu nehmenden Untersuchung geben wird. Die Täter werden es nicht zulassen, was sich schon daran zeigt, dass sie eine Teilnahme der Eigentümer und des russischen Staates zu verhindern suchen. Zur Zeit geschieht das mit der scheinheiligen Begründung, dass dies gegen dänische Interessen verstoße. Soso, die Weltmacht Dänemark (was das Land in der Tat einmal war, ich empfehle einen Rundgang durch den Dom von Roskilde).

Spötter haben die Weigerung, Russland teilnehmen zu lassen, mit dem Hinweis kommentiert, dass man gerade dabei sei, an den Anschlagsorten den verloren gegangenen Ausweis von Waldimir Wladimirowitsch P, zu entdecken – Terror-Fahndung der modernen Art. Bleibt die unbeantwortete Frage, ob diese Art von Tatortarbeit dafür sorgte, dass am 10. Oktober 2022 auf Bornholm der Strom ausfiel.

Aufschlussreich war auch, was die Bundesregierung zur Causa Bornholm zu sagen wusste. Laut Michael Klonovsky äußerte ein Vertreter des Bundesinnenministeriums in nicht-öffentlicher Sitzung eines Bundestagsausschusses, nun gäbe es für die Demonstranten wenigsten keinen Grund mehr, die Öffnung von Northstream II zu verlangen. Demo-Thema weggefallen, Problem erledigt. Doch zuweilen irrt sie, die Bundesregierung, denn um den 9. Oktober 2022 wurde ruchbar, dass die Lage im Anschlagsgebiet nach einer neuen Beurteilung verlangt, weil nämlich eine von zwei Röhren von Nothstream II nach wie vor intakt sei.

Unabhängig davon, ob die Behauptung des russischen Energieministers stimmt, habe ich dazugelernt, nämlich dass das Pipeline-Geflecht von Northstream weitaus komplexer ist, als bislang angenommen. Es handelt sich nämlich bei beiden Pipelines um jeweils zwei Röhren. Der Anschlag hat also eine der 4 Röhren verfehlt. In den Worten des Monopoly-Spiels: Bundesregierung, zurück auf Los. Du kannst Gas zu den lange schon vereinbarten Konditionen haben. Du musst es nur den Russen sagen. Schöne Bescherung das. Wie dieses Spiel ausgehen müsste, kann ich sagen, aber wie es ausgeht, nicht.

Noch einen Zacken schärfer: Die EU beschließt die achte Stufe der Sanktionen gegen Russland

Inzwischen ist die Auseinandersetzung im ukrainisch-russischen Konfliktgebiet Anfang Oktober 2022 weitergegangen. Zu den politischen Kernpunkten zählte die russische Einverleibung der beiden bisher ukrainischen Oblaste von Cherson und Saporoshje sowie der beiden Zank-Oblaste (bzw., nach russischer Auffassung, der selbstständigen Republiken) von Donjezk und Lubansk. In allen vier Gebieten war eine kurzfristig angesetzte Volksabstimmung über den Beitritt zur Russischen Föderation vorangegangen. Sie ging – wie zu erwarten war – mit einer hohen Zustimmungsrate zugunsten Russlands aus. Ebenso war die Reaktion der westlichen Welt zu erwarten, dass diese Gebietsübernahme nicht anerkannt werde, weil sie völkerrechtswidrig sei.

Um ihrem Missfallen Ausdruck zu verleihen, erließ die EU ein achtes Sanktionspaket, dessen wesentlicher Punkt die sog. Deckelung es Ölpreises für russisches Öl sein wird, während man sich hinsichtlich eines Gas-Deckels nicht einigen konnte. Das scheinbare Zauberwort des Preisdeckels beschreibt eine Illusion. Die Deckeler werden also kein russisches Öl mehr kaufen, das teurer ist, als von ihnen festgelegt. Diese Rechnung ist ohne den Wirt gemacht, denn dieser verkauft, wenn er den Deckel nicht akzeptieren will, sein Öl anderswo hin. Warum das möglich ist und im Übrigen bereits der Praxis seit Beginn der Sanktionen im Frühjahr 2022 entspricht, werde ich weiter unten erörtern, wenn es um die US-Front gegen China geht.

Hier genügt der Hinweis, dass man sich bei der Deckelung komplett verschätzt hat, denn gleichzeitig haben die Opec-Staaten, also im wesentlichen Saudi-Arabien & Co beschlossen, die Fördermenge erheblich zu reduzieren. Die EU kann also, wenn sie das Russen-Öl partout nicht will, ihren Bedarf aller Voraussicht nach nicht woanders decken. Fazit: Deutschland ohne ausrechende Ölversorgung? Na, dann müssen die Leute halt auf e Elektro-Spielzeuge umsteigen, deren Strom bekanntlich aus der Steckdose stammt.

Wehe dir, wenn der Feind das anders sieht – deutsche Illusionen über Krieg und Frieden

Es gehört zum Standard-Repertoire unseres politischen Personals und der sie begleitenden Presse, dass wir, die Deutschen, uns mit Russland nicht in einem Krieg befinden. Es wird sogar auf Regeln des Völkerrechts in diesem Zusammenhang hingewiesen. Aussagen dieser Art sind ebenso wohlfeil, wie sie falsch sind.

Wenn in diesem Zusammenhang auf Rechtsgutachten, erstellt durch den Wissenschaftlichen Dienst des Bundestages hingewiesen wird, so zeigt das eine Naivität, die schwer zu überbieten ist. Hierin wird nämlich ausgeführt, dass es eine allgemein anerkannte Schwelle des Kriegseintritts gebe, nämlich die Ausbildung von Soldaten der kriegführenden Partei an den Waffen des mit Waffenlieferungen unterstützenden Staates. Eine schlichte Waffenlieferung sei hingegen keine Überschreitung der Kriegsschwelle.

Zunächst einmal: Es gibt im Grunde genommen keine verbindliche (kriegs)-völkerrechtliche Regelung, die das eine oder das andere einem Land folgenlos erlauben würde. Selbst wenn man eine solche Regel konstruiert, wie es der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages halb und halb versucht hat, so gibt es hiergegen einen beachtlichen Einwand: Regeln des Völkerrechts, speziell des Kriegsvölkerrechts, werden bestenfalls eingehalten, solange die Gegenseitigkeit beachtet wird. Mit anderen Worten und im Umkehrschluss: Muss eine der Kriegsparteien keine schlimmen Folgen von Regelverletzungen befürchten, wendet sie die vormals beachteten Normen nicht mehr an. Oder aber, sie fühlt sich so in die Enge gedrängt, dass ihr Repressionen aufgrund eigener Regelverletzungen hinnehmbar erscheinen.

Dies vorausgeschickt, ist eine weitere wichtige Regel zu beachten, die eigentlich – aus dem Recht der Willenserklärungen stammend – eine juristische Selbstverständlichkeit ist, jedenfalls bei uns zulande. Diese Regel heißt: Es kommt auf den Empfängerhorizont an. Ein Handeln ist also so zu verstehen, wie der Adressat der Handlung es verstehen muss. Und jetzt kommt’s: Wenn die Russen glauben, dass das, was die Deutschen mit Bezug auf den Kriegsschauplatz tun, Kriegführung gegen ihr Land ist, dann ist es Kriegführung. Das mag den einen oder anderen überraschen, aber er sollte sich nicht wundern, wenn das eigene Tun Reaktionen hervorruft, die ihn, den Deutschen, empört von Kriegführung reden lassen, mit der er nicht gerechnet hat.

Und jetzt kommt das Überraschende: Die Russen reagieren auf die grotesk unverfrorenen deutschen Handlungen mit Zurückhaltung. Noch. Das ist keineswegs harmlos, denn sie spielen mit der Trumpfkarte des preiswerten Energiebezuges, den sie den Deutschen, wenn diese es denn nur wollen wollten, wie sauer Bier anbieten. Dies ist keine Freundlichkeit, sondern politische Kriegführung auf höchstem Niveau. Es geht, schlicht gesagt darum, einen Keil zwischen die Feindmacht in Washington und seinen Vasallen in Europa zu treiben. Seit Lenins Machtübernahme ist es in Moskau Common Sense, dass, wer Deutschland hat, auch Europa im Sack hat.

Politische Kriegführung, das ist zum Beispiel die Nutzung des Wortes als Waffe. Hier nun ein Schmuckstück vom 6. Oktober 2022 aus diesem russischen Spiel: »Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock sagte: ›Wir befinden uns in einem Kriegszustand‹. Mit wem? Wie lange? Weiß Scholz davon? Ich verstehe, dass Annalena Baerbock in ihrer Jugend Trampolinsprünge trainiert und in diesem Sport gute Ergebnisse erzielt hat. Aber es ist Zeit zu landen,« – so die Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa am 6. Oktober 2022, nachzulesen auf dessen Website.

Ich gebe in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass die Russen auch anders können. Seit dem 10. Oktober 2022 haben sie das in der Ukraine eindrücklich unter Beweis gestellt.

Die Zweite Front: Wirtschaftskrieg gegen China und die Folgen für den Krieg gegen Russland

Im August und September 2022 hat sich die Bundesregierung dem seit geraumer Zeit laufenden Boykott- und Sanktionsgeschäft der USA gegen China durch öffentliche Erklärungen und erste Maßnahmen gegen chinesische Firmen im Hamburger Hafen angeschlossen. Um den nunmehr auch durch Deutschland begonnenen Wirtschaftskrieg gegen China richtig einordnen zu können, muss man erneut einen Umweg durch die USA machen. Deren Verhältnis gegenüber China hat sich seit der Mitte der Zehner Jahre dieses Jahrhunderts Schritt um Schritt verändert. Bis dahin hatten die Amerikaner das Reich der Mitte seit etwa 1980 als verlängerte Werkbank betrachtet, wodurch man Produkte amerikanischen Ursprungs mit Hilfe der chinesischen Dumping-Löhne konkurrenzlos billig auf den Weltmärkten anbieten konnte. Man muss nur einen Blick auf die Verpackung von Apple-Computern werfen, dann liest man zwei Hersteller-Angaben: Designed in California und Made in China. Mit etwas Verzögerung ist auch Deutschland seinerzeit den chinesischen Weg gegangen.

Nach ersten amerikanischen Irritationen bezüglich Chinas bedurfte es des robusten Nationalismus eines Donald Trump (US-Präsident 2017-21), um diesem Wirtschaften, das lange schon zum Nachteil der amerikanischen Arbeitnehmer stattfand, einen ersten Riegel vorzuschieben. Das geschah durch die Androhung von Zöllen gegenüber amerikanischen Firmen, die im Ausland produzieren ließen. Doch wenn die einschlägigen Kapital-Magnaten glaubten, unter einem Präsidenten Biden würden die alten Verhältnisse wieder hergestellt, so irrten sie sich. Die Ruling Class hatte anders entschieden. Ausweislich erschrockener Aufrufe von deren Wortführern in den Foreign Affairs, dem Vereinsblatt des Council on Foreign Relations, hatte man entdeckt, dass China den USA wirtschaftlich davongelaufen war und es auch sonst die weltweite US-Vorherrschaft bedrohte. Dementsprechend rückten die Chinesen auf den vordersten Platz der bösen Buben in aller Welt. Einschlägige Abgrenzungs- und Boykottmaßnahmen nahmen ihren Anfang. Die Nato-Staaten wurden genötigt mitzuziehen.

Um die ab Sommer 2022 von den USA weltweit ausgerufene zweite Stufe des Wirtschaftskriegs gegen China richtig einordnen zu können, muss man erneut einen kleinen gedanklichen Umweg machen und auf einen verblüffenden US-amerikanischen Planungsfehler zu sprechen kommen. Als die USA im Februar 2022 zum weltweiten Wirtschaftskrieg gegen den anderen Spitzen-Weltbösewicht, das von Wladimir Putin beherrschte Russland, aufriefen, appellierten sie pathetisch an die Weltgemeinschaft.

In Deutschland wurde dieser Appell für bare Münze genommen. Alle US-gesteuerten Meinungs-Beeinflussungs-Institutionen hierzulande, insbesondere der öffentliche Rundfunk und die anderen Mainstream-Presseleute stimmten begeistert ein (›Wir und die Welt bestrafen Putin‹). Auf diese Weise blieb in Deutschland unbeachtet, dass der amerikanische Aufruf an die Weltgemeinschaft in Wirklichkeit in ziemlicher Flopp war, denn die Masse der Länder dieser Erde schloss sich den amerikanischen Maßnahmen nicht nur nicht an, sondern hielt, ohne mit der Wimper zu zucken, dagegen und nutzte die Gelegenheit der westlichen Sanktionen, um mit Russland günstige Geschäfte über Bodenschätze abzuschließen.

In ihrem Ärger über das Versagen des großen Wurfs einer wirtschaftlichen Strangulierung Russlands, nahmen die Erfinder des Ganzen die vermeintlichen Spielverderber jetzt verschärft ins Visier, denn das antiamerikanische Komplott wird nach amerikanischer Auffassung durch die Volksrepublik China gesteuert. Deswegen haben die USA jetzt einen verschärften Wirtschaftskrieg gegen China eingeleitet – verschärft deswegen, weil die Auslösung aus den Jahren der Präsidentschaft von Donald Trump stammt, der die Meinung vertreten hatte, dass die chinesische wirtschaftliche Übermacht die amerikanische Binnenwirtschaft ruinieren werde. Die Biden-Administration hatte, wie gesagt, nach anfänglicher Irritierung aufgesattelt und China mit Maßnahmen überzogen.

Die Bundesregierung hat sich, wie einleitend gesagt, dem US-amerikanischen Boykottgeschäft im August und September 2022 offiziell angeschlossen. Dazu fällt mir im Moment nicht viel mehr ein, als der unverzüglich ausgesprochene Hinweis deutscher Wirtschaftsverbände, dass durch dieses Agieren der Bundesregierung 1,1 Millionen Arbeitsplätze in Deutschland unmittelbar betroffen sind. Erneut tritt die Regierung als Arbeitsplatz-Vernichter in Erscheinung. Sie trifft zum Beispiel die Autoindustrie, wie die Volkswagen AG, die das Verbrenner-Geschäft nach China ausgelagert hat. Recht so, werden die grünen Ideologen rufen. Doch dass sie ihre geliebten Windmaschinen aus China beziehen, werden sie vielleicht noch lernen. Oder auch nicht.

Ceterum censeo: Die Energiekrise und in ihrem Gefolge die Verarmung Deutschlands sind von der Bundesregierung und der sie stützenden Einheits-Partei (SPDFDPGrüneCDUCSU) seit einem Jahrzehnt mutwillig herbeigeführt worden. Konsequenzen zu ziehen, ist unaufschiebbar.