von Gunter Weißgerber
Im Tohuwabohu untergangen: Duligs Dialektik
Was hatten die Protagonisten von SPD-PDS/Linke seit den 90ern in der Sachsen-SPD nicht alles geschrieben, mitgeschrieben, aufrufen lassen und an Wahlwünschen veröffentlicht. Immer mittendrin Martin Dulig und immer ging es um SPD-PDS respektive Rot-Rot – notfalls unter Beihilfe von Grün in Sachsen. Die sogenannte rechte Mehrheit der CDU sollte, logisch schlecht einleuchtend, ausgerechnet mit sogenannten linken Angeboten gebrochen werden. Wäre dies gelungen, der Sachsen-Nobelpreis stünde ihnen und Martin Dulig zu. Das mit diesem Nobel-Preis dürfte nichts werden und so wird der bisher stets nach links blinkende Mann halt immer und immer wieder Minister in CDU-Koalitionen. Diese Dialektik des Martin Dulig ist eine eigene Geschichte und harrt ihrer Aufarbeitung.
Richtig praktisch und konkret wurde es auf diesem Weg erstmals im Herbst 1995. Die Dresden-Meißener PDS-Annäherer unter den Sozis, dazu gehörte immer Martin Dulig, vereinbarten im Landkreis Meißen/Radebeul einen gemeinsamen Kandidaten von SPD, PDS und Grünen für die Landratswahl 1995.
Das ›Meißner Modell‹ lief flugs vom Stapel, wenige Jahre nach dem Sturz der SED-Diktatur. Es war so hanebüchen wie geschichtsvergessen und die CDU-Mehrheit war damit keineswegs zu brechen. Obwohl vorhersehbar, wurde es dennoch durchgezogen. Den Protagonisten ging es um den steten Tropfen, der den Stein höhlt. Dass der gehöhlte Stein die eigene Partei sein würde, kam ihnen nicht in den Sinn. Ideologie schlägt Praxis.
Zum Scheitern des Meißner Modells 1995:
Das Ziel wurde nicht erreicht. Der SPD-Landratskandidat erhielt deutlich weniger Stimmen als die vor der Wahl addierten möglichen separaten Ergebnisse der drei Parteien.
Ich schrieb damals:
Der Modellversuch bestätigte die Erwartungen, er fiel glatt durch. Nicht ein Ziel, vom fragwürdigen Bestreben eines gemeinsamen Wahlkampfes abgesehen, wurde erreicht. Im Gegenteil, im »Modellkreis« wurde die gesamte Konkurrenz – also die »Linke« und die »bürgerliche Mitte« auf Kosten der SPD stärker. Letzteres macht das Wohlgefallen der »linken« Konkurrenz am »Modell« verständlich. Klar, daß jene der SPD rät, weiterhin auf närrische Art und Weise zu verfahren.
(G.W. am 5.12.1995 in Die Wahlen im Landkreis Meißen/Radebeul vom 3.12.1995 im Verhältnis der drei Landkreiswahlen in Sachsen; gewählt wurde am gleichen Tage auch in Westlausitz/Dresden und Vogtland).
Wer damals nun dachte, die Lehren würden aus dieser vergeigten Landratswahl gezogen, der irrte sich. Die Werbung um die PDS-Annäherung wurde noch intensiver zu Lasten der eigenen Partei weiter betrieben. Sachthemen der Landtagsfraktion hatten nicht die Spur einer Chance, gegen die Dramaturgie der PDS-Annäherung öffentlich durchzudringen.
Am 19. September 1999 bekam dann die SPD Sachsen 10,7 Prozent in der Landtagswahl. Erneut war es der Partei nicht gelungen, sich primär mit sachlichen Themen in der Öffentlichkeit nachhaltig zu platzieren. Der beinahe zehn Jahre andauernde Streit über den Umgang mit den SED-Erben hatte alles überschattet. »Die beschäftigen sich nicht mit uns da draußen, sondern nur mit den alten Kadern« – so der landesweite Eindruck.
Die Protagonisten der PDS-Zusammenarbeit sahen das grundsätzlich anders und zwangen die eigene Partei ständig in dieses Verliererthema.
Der SPD in der Region Leipzig gelang die Balance wesentlich besser, dort gab es auch deshalb bis Mitte der Nullerjahre die sachsenweit besseren SPD-Ergebnisse und sogar Direktmandate. Das ist inzwischen Geschichte, die SPD-Hochburg Region Leipzig wurde unter Duligs Hegemonie auf das Dresdner Niveau herunternivelliert. Auch hier mästet die SPD seit Jahren ihre linke und grüne Konkurrenz auf Kosten der eigenen Substanz.
Edel sei der Sozi, hilfreich und nützlich!
Am besten wäre er/sie, würde er/sie ganz verschwinden und für linke und Grüne Platz machen. Was nicht ist, kann ja noch werden. Die Landtagswahlergebnisse 2019 machen diesbezüglich optimistisch. Zusammengerechnet kommen SPD (7,7) und Linke (10,4) auf 18,1 Prozent, mit den Grünen (8,6) auf 26,7 Prozent. Blinken Martin Dulig und die Sachsen-SPD weiter nach links, werden sich Linke und Grüne in 5 Jahren die jetzigen 7,7 Prozent der SPD gut teilen können. Weiter so, Martin!
Aber vielleicht lernt der Mann ja endlich dazu? Wenn nicht jetzt, wann dann?
Die Sozialdemokratie war immer die Partei der Facharbeiter, der Ingenieure und Wissenschaftler. Die SPD stand in ihren guten Zeiten für Prosperität, Chancengleichheit, Emanzipation, Teilhabe und Sicherheit. Sie ist die Partei des Förderns und Forderns, Alimentation als Selbstzweck war nicht ihre Politik.
Der Automobil-, Energie-, Forschungs- und Wirtschaftsstandort Sachsen braucht eine konsequente Vertretung, die sich von CDU und Grünen in der Regierung unterscheidbar macht, ohne aus der Regierung heraus nach Linksaußen zu blinken. Man darf gespannt sein.
Die Arbeiter machen jedenfalls immer noch ihren Bogen um die Dulig-SPD. Wählten sie nach 1990 lange Zeit CDU, so wählen sie jetzt (vorläufig?) AfD. Die SPD verpasste die Chance somit zum zweiten Mal. Gingen in den 90ern die alten Kameraden vor, so lagen die Sehnsüchte zuletzt bei Multikulti, Erdschmelze und sinnentleert gemeinsam mit der Antifa gegen alles, was nicht linksgrün ist – also gegen große Teile der Bevölkerung. Ideologie schlug erneut Praxis.