von Gunter Weißgerber

Markus Meckel behauptet am 17. Oktober 2018 in der Leipziger Volkszeitung: »Es war 1992 für mich eine tolle Erfahrung als Abgeordneter der Opposition, dass mein Vorschlag, eine Enquete-Kommission zur Aufarbeitung der DDR-Geschichte zu gründen, Realität wurde.«

Markus Meckel insinuiert damit, dass es seine Idee gewesen sein könnte, eine solche Kommission zu gründen. Dagegen verwahre ich mich, auch im Namen des verstorbenen Wolfgang Leonhard. Ich trug die Idee einer unabhängigen Historikerkommission 1990 sowohl in die SPD-Volkskammer- als auch in die SPD-Bundestagsfraktion. Markus Meckel nahm das Projekt 1991 für die SPD-Bundestagsfraktion in die Hand. Das ist richtig. Ich ließ das zu. Auch das ist richtig. Ein Ex-Minister schien mir ein probater Mann für die Realisierung zu sein.

Zum Ablauf

In der Nacht vom 24. auf den 25. Februar 1990 war ich mit anderen Leipziger Neusozis Gesprächsgast bei Wolfgang und Elke Leonhard im Hotel »Merkur«. Anlass des Aufenthaltes der Leonhards in Leipzig war deren Besuch des SPD-DDR-Parteitages in Markkleeberg sowie ein Verlagsgespräch Wolfgang Leonhards mit dem Reclam-Verlag zur DDR-Ausgabe von Die Revolution entläßt ihre Kinder. Ein Gespräch, an dem ich ebenfalls teilnehmen durfte.

In besagter langer Nacht im Merkur bat Wolfgang Leonhard mich dringend für den Fall, dass ich in die Volkskammer gewählt werden würde, die Idee einer unabhängigen Historikerkommission in meine Fraktion einzubringen. Es gäbe unheimlich viel aufzuklären und das müsse nach einer so langen Diktatur unbedingt getan werden. Als Beispiel nannte er den mysteriösen Todesfall des ersten sächsischen Ministerpräsidenten Rudolf Friedrichs, der möglicherweise durch seinen damaligen Innenminister Kurt Fischer 1947 zu Tode kam.

Ich versprach Wolfang Leonhard, das Anliegen zu befördern. Die früheste Möglichkeit dazu bot sich in der ersten Fraktionssitzung der neugewählten SPD-Volkskammerfraktion am 21. März 1990 in Ostberlin. In meinem kurzen Redebeitrag innerhalb der Vorstellungsrunde machte ich auch eine kurze Anmerkung zur Notwendigkeit einer Historikerkommission und kündigte einen Antrag hierzu an.

Es bedurfte dann leider dreier Anläufe. Das Interesse im SPD-Fraktionsvorstand, an dessen Sitzungen auch der Außenminister Meckel teilnahm, war nicht groß. Erst auf meinen dritten Vorstoß hin kam Rüdiger Fikentscher auf mich zu und teilte mir mit, dass der Fraktionsvorstand meine, eine Enquete-Kommission sei eine gute Lösung und der Vorstand werde die Idee mit den Koalitionspartnern besprechen. Ob es zu diesen Gesprächen noch kam, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Ereignisse überschlugen sich mit den Diskussionen zu den Verträgen zur Wirtschafts- und Sozialunion und dem Einigungsvertrag. Mir selbst war die zügige Deutsche Einheit sehr wichtig und ich tröstete mich mit der Aussicht, das Thema im kommenden gesamtdeutschen Bundestag auf den Tisch zu legen.

Mein dritter Antrag zur Einrichtung einer Historikerkommission:

Gleich nach der ersten gesamtdeutschen Wahl am 2. Dezember 1990 machte ich dort weiter, wo ich im Frühsommer 1990 aufgehört hatte und stellte meinen nächsten Antrag:

 

Es folgten etliche Gespräche mit Rolf Schwanitz, der das Projekt in den Fraktionsvorstand trug und mit meinem Einverständnis mit Markus Meckel absprach. Mir ging es um die Sache und das Bündnis Schwanitz-Meckel erschien mir sehr erfolgversprechend. So kam es dann ja auch. Markus Meckel wurde erfolgreicher SPD-Vertreter in der Enquete-Kommission. Das bleibt ihm unbenommen. Die Idee war nicht seine. QED – quod erat demonstrandum.