von Herbert Ammon

Es soll ›Rechte‹ geben, gewiss auch einige an der Dialektik des Fortschritts verzweifelnde ›Linke‹, die sich dem von globalisiertem Kauderenglisch durchsetzten Gebrauch des Internets als ›User‹, worunter im verständnisvollen Jargon von Streetworkern auch Heroinsüchtige fallen, verweigern. Wie diese Leute zurechtkommen, ist mir nicht klar. Vermutlich telefonieren sie stundenlang per Flatrate, wie´s alle machen, obenan das Liebestrio

Angela, Guido und Seehofer. Ich persönlich bin technisch up-to-date, seit mir ein Gastschüler – genauer - für die Antifa-Datensammlung - ein russisch-jüdischer, inzwischen zwangsgermanisierter Gastschüler in den 1990er Jahren den Gratiszugang zum globalen Dorf über Yahoo eröffnete. Als Gelegenheitsautor in der Jungen Freiheit bleibe ich, gemäß Karlheinz Weißmanns »konservativem Minimum«, auf betulich-konservativer Grundlinie, also bei Yahoo, wohl wissend, dass Jonathan Swift die Yahoos als zwar menschenähnliche, aber tumbe, lärmende Wesen beschreibt, angesichts deren Gebaren Gulliver die Gesellschaft von ruhigen, vernünftigen Pferden vorzieht.

Einer der Gründe für Yahoo-Treue: Yahoo sorgt für meine Bedürfnisse als mündiger Bundes-, Euro- und Weltbürger, insofern politische Bildung gemäß Thomas Krüger, einst hosenloser Ost-Berliner Hilfsvikar, heute nach Bonn zwangsversetzter Krawattenträger und Präsident der Bundeszentrale für Politische Bildung (mindestens A 16, wenn nicht B 3) die Voraussetzung darstellt für die Klassifikation als Demokrat sowie, in Wesenseintracht, als engagierter, kritischer, mündiger Bürger (wiewohl, genderungerecht, ohne Erektions-I) – und all das gratis! Nicht zu vergessen die Angebote der Girls, die bei geöffneter Mailbox auf der rechten (!) Seite der Web-Screen Dates offerieren.

Bei jedem Klick werde ich (»Hallo, Herbert«) gefragt, ob ich »etwas freigeben« möchte, als ob Yahoo, Google, Altavista, Ost:Blog etc. nicht schon genug über mich wüssten, natürlich nur Gutes. Mein Gesicht habe ich aus naiver Selbsttäuschung über die Möglichkeiten des Internet vor Facebook verhüllt, warum sollte ich mich also bei Yahoo noch mehr entblößen?

Ich bleibe bei Yahoo, aus Gründen der Bequemlichkeit und des Informationshungers. Yahoo informiert umfassend über die Weltläufte, beispielsweise am 5. März 2010 (als ich für das Weltblatt Junge Freiheit eine diesbezügliche Kolumne verfasste, die leider – im Hinblick auf die sittenstrenge Leserschaft? – dort als nicht druckwürdig befunden wurde: »Hegemann beklagt ›Presse-Exzesse‹; Angelina Jolies geheime Liebschaften; Shia LaBoeuf berichtet über tief geknickten Michael Douglas; Echo-Verleihung setzt auf altbekannte Stars; Jamie Oliver wird zum vierten Mal Vater; Vibrator ruft Polizei auf den Plan.« Offensichtlich zielte Yahoo auf meine politischen Bildungslücken: Wer ist LaBoeuf? Jamie Oliver? »Echo«?

Zugegeben, mein Interesse gilt wichtigeren Themen: Margot Käßmann und die protestantische Weltgeistigkeit, Pädophilie an der von einer mit Gerold Beckers Reformstreben vertrauten Leiterin geleiteten UNESCO-prämierten Reformschule in Hessen, der CO2–Ausstoß meines angejahrten 9-Liter-Modells als individueller Schuldanteil an der globalen Erbsünde, Cancun, Evo und die umweltbewussten Chinesen, der Kampf der BVG (= Berliner Verkehrsgesellschaft) gegen eingefrorene S-Bahn-Weichen, die Mühsal der BSR (= Berliner Stadtreinigung) nach dem lokal stets unerwarteten Schneefall, schließlich: Hitler redivivus & ante portas, Kampf gegen Rechts in Meck-Pomm (immerhin nicht gänzlich unbegründet).

Vor ein paar Tagen, am 13. Dezember, zur hektischen Weihnachtszeit, bediente mich Yahoo mit folgendem Weltwissen (alle Zeilen unterstrichen):

Darunter, mit düster dräuender schottischer Szenerie: »Nessie gesichtet. ›Es sah aus wie der Rücken eines riesigen Tieres‹, beschreibt ein Mann das Seeungeheuer. Lesen.« Ich verzichte aufs Lesen, die globale Erwärmung bedroht mich mehr als die unsterbliche Nessie.

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Dem ist nichts hinzuzufügen. Rundum informiert, überlege ich, ob ich im kommenden Jahr 2011 angesichts der den Bürgerinnen und Bürgern Europas alsbald aufzubürdenden Lasten aus Staats- und Bankenpleiten mein Abonnement der FAZ (in der Feuilleton-Autor Dirk Schümer anlässlich der Konstantin-Ausstellung zu Trier 2007 die Arianer für Arier erklärte, was anscheinend keinem der klugen Köpfe, die stets hinter der Zeitung stecken sollen, auffiel) nicht kündigen müsse, um aus Gründen der Alterssicherung sowie aus eurostaatsbürgerlicher Überzeugung den eingesparten Betrag in von Schäuble bislang noch rhetorisch verzögerten, gut zu verzinsenden Euro-Bonds anzulegen, die womöglich aus den von der EZB aufgekauften griechischen, irischen und sonstigen Junk-Bonds zusammengesetzt sind. Irische 9%-Anleihen als solche erscheinen denn noch zu riskant, wiewohl Jonathan Swift aus Irland kam.

Geschrieben von: Ammon Herbert
Rubrik: Kultur